Müll und Abwasser bald für lau?

■ Zwei BremerInnen haben gegen ihre Gebühren Widerspruch eingelegt, weil sie glauben, die Stadt müsse Gewinne aus BEB-Privatisierung an Kunden weitergeben. Das Ressort sagt nichts.

Auf die Müllgebühren von Kundennummer 10061193 warten die inzwischen privatisierten Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) schon lange. Heute genau vor einem Jahr ging Müllkundin Lisa Wargalla auf die Barrikaden. Lapidar teilte sie der Gebührenabteilung mit, dass sie derzeit nicht daran denke, die 453,60 Mark zu bezahlen, die ihr für die regelmäßige Leerung ihrer 120 Liter-Tonne im Jahr 1999 abverlangt wurde. Bis heute hat Wargalla auf ihren Widerspruch keine abschließende Antwort – und zahlt ergo auch nicht für ihre Müllentsorgung.

Ähnlich wie Wargalla geht es auch Herrn M., Professor an einer Bremer Hochschule. Kleiner Unterschied: M. legte letzten Sommer Widerspruch gegen seine Abwasser-Rechnung ein und bezahlte vorsorglich. Abschließende Antwort erhielt auch er noch nicht.

Der Grund für den Gebühren-Protest der beiden aber ist der Gleiche: Die Privatisierung der zwei ehemalig kommunalen BEB-Bereiche Abfall und Abwasser. Beide argumentieren, es könne nicht sein, dass der Steuerzahler den Aufbau von Müllverbrennungsanlagen oder Wasserkanalisation bezahlt, beim Verkauf der Anlagen aber keinen Heller sieht. Beide berufen sich auf Gerichtsentscheidungen aus anderen Bundesländern. Der Professor erklärt vereinfachend: Zwei Leute kaufen sich gemeinsam ein Auto, einer bekommt die Verfügungsrechte. Letzterer verkauft das Auto wieder – und steckt den Gewinn ein. Und dann werden dem Dummen auch noch Gebühren abgeknöpft, wenn der sein Auto vom Neubesitzer leihen will.

Rund 1,3 Milliarden Mark Einnahmen soll der Verkauf des Betriebs gebracht haben, mit dem sich Bremen zu entschulden versucht. Doch von Senatsseite wird derzeit eine ganz andere Rechnung aufgemacht: Eigentlich habe der Verkauf zu einem Minus von 232 Millionen Mark geführt, wird in einem Entwurf für ein Gutachten von Juristen vorgerechnet (die taz berichtete). Auftraggeber: Die Senatorin für Bau- und Umwelt, Tine Wischer (SPD).

Das Papier wurde erstellt, um Menschen wie Wargalla und M. an der langen Leine zu halten. Offenbar werden die Argumente der ProtestlerInnen für so gravierend erachtet, dass man sich auf mögliche gerichtliche Auseinandersetzungen oder Nachahmer gut vorbereitet haben will. Und vor Gericht können beide erst ziehen, wenn der Widerspruch förmlich abgelehnt ist. Wenn also gar kein Gewinn durch den Verkauf erzielt wurde – dann gibt es auch nichts an die Gebührenzahler zu verteilen. Nur: Hat sich dann der Verkauf politisch und finanziell gelohnt?

Als Justizangestellte Wargalla ihren Widerspruch formulierte, war sie noch Abgeordnete der grünen Bürgerschaftsfraktion. Sie krtitisierte den BEB-Verkauf, weil er ihrer Meinung nach auf lange Sicht zu Gebührenerhöhungen führen wird und die Stadt die Entscheidungsgewalt über den ökologisch wichtigen Müllbereich aufgibt. Zudem werfe der Verkauf viel weniger Geld ab, als dass sich das Geschäft für die Sanierung des maroden Bremer Haushalts ernsthaft lohnen würde. „Die BEB ist unwiderbringlich verkauft“, räumt Wargalla ein. „Aber man kann immer noch zeigen, dass der Senat den Bürgern mit dem Verkauf keinen Gefallen getan hat“.

Wargalla aber gibt nicht auf – sie will auch gegen den nächsten Gebührenbescheid, den sie dieser Tage erwartet, Widerspruch einlegen. „So locker geht das nicht über die Bühne“, sagt sie. Auch der Professor behält sich vor, zu klagen, wenn der Widerspruch abgelehnt wird. Aus dem Umweltressort heißt es allerdings, das Gutachten müsse erst in Endfassung vorliegen, bevor die Widersprüche formuliert würden. Wie lange das noch dauert? Vielleicht vier Wochen. Vielleicht auch acht. cd