Politik für Strickzeug und Wischmopp

Keilerei um Kohl, Kassen und Konsequenzen beim politischen Aschermittwoch der Parteien in Niederbayern

BERLIN taz ■ Die CDU-Spendenaffäre und ihre Nachbeben ließen die Parteien auch am politischen Aschermittwoch nicht los. Kohls Kassen und die Konsequenzen waren die zentralen Themen beim kollektiven Abwatschen in den niederbayerischen Städten Passau und Vilshofen.

Die bayerische SPD-Chefin Renate Schmidt kritisierte vor 700 Zuhörern in Vilshofen den „Ablasshandel“ des Spendensammlers Kohl in holpriger Reimform: „Wenn die Million im Koffer klingt, der Bimbes von Helmut Kohl nicht mehr so arg zum Himmel stinkt.“ Sie forderte ein „Reinheitsgebot für die Politik“ ein, denn schließlich, so ihr Eingeständnis, hätten die eigenen Genossen in Nordrhein-Westfalen auch gegen die politische Moral verstoßen.

Der politische Gegner, die CSU, versammelte gleich 8.000 Menschen in der Passauer Nibelungenhalle. CSU-Chef Edmund Stoiber kündigte ein Ende der affärenbedingten Zerknirschung der Union an: „Nach dem Aschermittwoch ziehen wir nicht mehr das Büßerhemd, da ziehen wir den Kampfanzug an.“ Um die Drohung sofort wahr zu machen, warf er der rot-grünen Bundesregierung Wortbruch in der Rentenpolitik und zudem Versagen auf der ganzen Linie vor.

Der Gastredner der Grünen in Passau, Außenminister Joschka Fischer, gab sich staatsmännisch. Auch wenn Jörg Haider kein „neuer Hitler“ sei, drohe Europa unter einem Kanzler Haider eine tiefe Krise, warnte er. Wieder einmal mahnte er eine Bestrafung der Verantwortlichen für die Spendenaffäre an, sonst gehe „die politische Kultur in Deutschland vor die Hunde“.

Die kleinen Oppositionsparteien PDS und FDP boten in Passau alte Reformvorschläge neu an. PDS-Fraktionschef Gregor Gysi forderte Strafen für Politiker, die gegen das Parteiengesetz verstoßen. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle wärmte die Debatte um die Amtszeitbegrenzung wieder auf. Der Kanzler und die Ministerpräsidenten sollten nicht länger als eine Legislaturperiode am Ruder bleiben. Den Christsozialen hielt er ihr Frauenbild vor Augen: „Die CSU macht keine Politik von Lederhose und Laptop, sondern von Strickzeug und Wischmopp.“

Einen Nordableger des bayerischen Traditionstreffens veranstaltete in Brandenburg der dortige CDU-Chef und Innenminister Jörg Schönbohm. In Finsterwalde schloss er seine Rede mit den Worten: „Weg von der Selbstkritik und Selbsterfahrungsgruppe – hin zur politischen Kampfgemeinschaft für unser Vaterland!“ GUNNAR MERGNER