Plattmacher, Abräumer, Totengräber

IG Metall fordert deutschen Schiffbau-Koordinator, um Werften zu retten  ■ Von Peter Ahrens

Möchte man europäische Schiffbauer ärgern, muss man ihnen nur ganz sanft das Wort „Korea“ ins Ohr flüstern. Wenn von Südkorea die Rede ist, dann fallen auf den Werften ganz schnell Begriffe wie Plattmacher, Abräumer, Totengräber. Nur zwei Zahlen dazu: 65 Prozent aller weltweiten Werftaufträge wanderten in das asiatische Land, 80 Prozent des gesamten Containerschiffbaus werden heute in Südkorea erledigt. „Wenn wir noch zwei Jahre zusehen, verkommen wir in Europa allesamt zu Dorfschmieden“, sagt Frank Teichmüller, Leiter des IG Metall-Bezirks Küste, dazu. Also fordert die IG Metall: Im Schiffbau müssen die Europäer zusammenarbeiten, sonst sind sie verloren.

Zusammenarbeit – das klingt gut, ist aber gar nicht so einfach: Allein in Deutschland gibt es 34 Werften, jede mit eigenen Interessen, alle auch im Wettbewerb untereinander. „Bisher haben wir fast nur gegeneinander gearbeitet“, sagt Teichmüller. „Kurzfristig und kurzsichtig“ habe man gedacht, doch das könne man sich angesichts der asiatischen Übermacht partout nicht mehr erlauben. Allein die beiden südkoreanischen Konzerne Hyundai und Halla haben gemeinsam genauso viele Marktanteile am Weltschiffbau wie alle europäischen Werften zusammen.

Und es betrifft nicht nur die Werften, „es geht nicht nur um die Küste“, macht Teichmüller deutlich. Mindestens 230.000 Arbeitsplätze in ganz Deutschland hängen in irgendeiner Form an der „maritimen Industrie“, wie es in einer von der IG Metall in Auftrag gegebenen Studie der Uni Bremen heißt. Von den Zulieferbetrieben sitzen die meisten nicht in Schleswig-Hol-stein oder Mecklenburg, sondern in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Auch die würden in den Strudel gerissen, wenn die norddeutschen Werften dicht machen müssten.

Damit es nicht so weit kommt, verlangt die IG Metall von der Bundesregierung die Schaffung einer zentralen Koordinationsstelle, die die Zusammenarbeit der Werften und ihrer Zulieferer betreut. Fusionen sind für die Gewerkschaft dagegen kein Heilmittel. „Ein Zusammenschluss von HDW in Kiel und der kleinen Lindenau-Werft in Kiel hieße schlicht das Ende von Lindenau“, sagt Teichmüller. Fusion bedeute nur „das Wegbrechen des gesamten Mittelstandes“. Das Paradoxe dabei: Die deutschen Werften kämpfen ums Überleben, dabei sind sie noch nie so fit gewesen wie jetzt. „Das sind Unternehmen der Hochtechnologie, wir sind nicht mehr die nach Subventionen schreiende Landwirtschaft zu Wasser“, sagt Teichmüller.

Aber das nütze alles nichts, wenn Südkorea weiterhin den Markt beherrsche und in Europa jeder weiter vor sich hin wurschtele – egal ob bei Blohm & Voss in Hamburg oder bei Flender in Lübeck. „Wenn sich nichts tut, wird in ein paar Jahren vielleicht auf unseren Werften noch irgendwo ein Nagel eingeschlagen oder etwas repariert, aber der Schiffbau ist dann vorbei.“