Keine Flagge zeigen

■ In Kiel weht heute die Fahne Tibets am Rathaus – in Hamburg nicht

Oben steht eine Sonne am Himmel. Sie scheint über einem schneebedeckten Berg, daneben stehen zwei Löwen – so sieht die Flagge Tibets aus. Den HamburgerInnen muss man das genau beschreiben, weil sie die Flagge heute am Rathaus nämlich nicht sehen können. Hamburg gehört zu den Städten, die es ablehnen, zum heutigen Jahrestag der Niederschlagung des tibetanischen Volksaufstandes am 10. März 1959 die Flagge zu hissen. 430 andere Städte in Deutschland hingegen – darunter Düsseldorf, Mainz, Stuttgart, Kiel oder Hannover – trauen sich.

Helmut Steckel von der Tibet-Initiative Hamburg versucht seit 1996, den Senat davon zu überzeugen, bei der symbolischen Aktion mitzumachen, und jedes Jahr bekommt er einen höflichen, aber ablehnenden Brief zurückgeschickt, der auf die Praxis der vergangenen Jahre verweist. Der Senat verschanzt sich hinter einer Empfehlung der alten Bundesregierung Kohl, die den Städten nahelegt, „alles zu vermeiden, was den Eindruck einer Zweistaatlichkeit China-Tibet erweckt“. Hamburg hat sich diese Empfehlung zu Voscherau-Zeiten zu eigen gemacht und bleibt bis heute dabei, auch wenn sowohl Senat als auch Bundesregierung inzwischen rot-grüne Färbung angenommen haben.

Senatssprecher Hinnerk Fock verweist darauf, dass man „keine Berührungsängste“ mit Tibet habe. Schließlich habe man den Dalai Lama, das geistliche tibetanische Oberhaupt, in der Stadt empfangen und ihm gar das Gästehaus des Senats zur Verfügung gestellt. Den „formalen Akt“, die Fahne des Landes hochzuziehen, vermeide man jedoch. Eine andere Erklärung hat Fock auch nicht.

Das rot-grün regierte Kiel dagegen zeigt Flagge – und das seit fünf Jahren. „Wir bleiben dabei“, lässt Arne Gloy, Sprecher von SPD-Oberbürgermeister Norbert Gansel, keinen Zweifel an der Kieler Haltung. Auch wenn es besonders in den ersten Jahren „massive Proteste von chinesischer Seite“ gegeben habe. Heute wird die Sonne über dem weißen Berg wieder direkt vom Balkon des Oberbürgermeisters wehen.

In Hamburg startet die Tibet-Initiative am Jungfernstieg ab 16 Uhr eine Aktion, um auf die Unterdrückung des politischen Kampfes der TibeterInnen hinzuweisen: Und dafür will Helmut Steckel auch eine Fahne mitbringen. Peter Ahrens