Der Austeiler

Kohl wie gehabt: Erst einsammeln, dann austeilen – gegen die Medien

aus Berlin KARIN NINK

Er ist wieder ganz der Alte. Wie er dasitzt in seinem blauen Anzug mit blaugelber Krawatte und es zelebriert, sich vor den wartenden Journalisten noch ein Glas Wasser einzugießen. Erst dann legt er los. Genüsslich und selbstzufrieden blickt Helmut Kohl in die Runde: So hatte er sich den Auftrieb der Medien vorgestellt, wenn er, der Kanzler der Einheit und langjähriger CDU-Vorsitzender, zu seiner erste Pressekonferenz seit der CDU-Spendenaffäre ruft. Es hat funktioniert.

Helmut Kohl genießt sichtlich das Meer der Kameras und die unzähligen Journalisten. Sie knubbeln sich in dem Saal, um zu hören, von wem Kohl nun das Geld bekommt, mit dem er zumindest den finanziellen Schaden lindern will, der durch die Parteispendenaffäre für die CDU entstanden ist.

Kohl zeigt keine Spur von Schuld, keine Spur von Unrechtsbewusstsein. Er hat „einen Fehler“ gemacht, den er erneut öffentlich einräumte und der seine Partei „möglicherweise“ teuer zu stehen kommen wird. O.K. Also tut er das, was er so gut kann, und sammelt Geld. Bei „Sympathisanten und Freunden“, die, so betont er genüßlich, nicht alle in der CDU sind. Ja „eingeschriebene Sozialdemokraten“ seien sogar darunter, betont er.

Als sei mit den Spenden die Welt wieder in Ordnung

„Ich habe mir gedacht, es ist vernünftig, nicht abzuwarten, sondern selber was zu tun“, säuselt er und tut so, als sei mit dem Zusammentragen der 6,3 Millionen, die die CDU wahrscheinlich an Strafe zahlen muss, weil Kohl 2,1 Millionen Mark illegaler Spenden angenommen hat, die Welt wieder in Ordnung.

Der immaterielle Schaden für „seine“ Partei? Der Bruch des Amtseids von Dr. Helmut Kohl? Alles dummes Geschwätz. Denn der Kanzlereid decke nicht die Spendenfrage ab, lernen wir nun. Bimbes gut, alles gut.

Pampig wird er, wenn er immer wieder auf die anonymen Spender angesprochen wird, deren Namen er auch weiterhin nicht nennen will. Dann ziehen sich die Lippen in dem massigen Gesicht zu einem schmalen Strich zusammen, und er presst hervor: „Ich weiß, dass diese Position von vielen nicht verstanden wird, aber ich werde sie nicht ändern.“

Die Liste, die Kohl präsentierte, ist eine illustre. Neben dem Medienmogul Leo Kirch mit einer Million Mark und dem WAZ-Geschäftsführer Erich Schumann mit stolzen 800.000 Mark beteiligen sich aus dem Show-Business neben „Schätzchen“ Uschi Glas so herausragende Persönlichkeiten wie „Hitparaden“-Rentner Dieter-Thomas Heck, Ex-Schlagersänger Michael Holm und Polizistendarsteller Heiner Lauterbach.

Kohl mit Kredit – muss er einem jetzt Leid tun?

Auch Kohl selbst ist mit 700.000 Mark dabei und hat – so verkündet er ausführlich – einen Kredit auf sein Haus in Oggersheim aufgenommen.

Soll er einem jetzt Leid tun?

Mit den jetzt genannten Spendern (siehe unten) hat Kohl schon 5,9 Millionen Mark zusammen. Er gibt sich zuversichtlich, dass er das restliche Geld in den „nächsten zwei bis vier Wochen“ auch aufgebracht hat. Dann soll die Summe von 6,3 Millionen Mark an die CDU-Schatzmeisterei überwiesen werden.

Wenn mehr als diese Summe eingeht, soll die Partei auch das überschüssige Geld bekommen. Das wird die Mitglieder rühren und das alte Bild des fürsorglichen Patriarchen neu erleuchten lassen. Der Übervater ist zu neuem Leben erwacht. – Und die derzeitige CDU-Führung lässt ihn gewähren. Schon hat man im Konrad-Adenauer-Haus verkündet, dass man das Geld annnehmen werde, und schließlich haben die Christdemokraten dem Dicken ja auch ihre Räume für die Pressekonferenz zur Verfügung gestellt.

Dort konnte er sich dann wieder präsentieren, wie er immer war – bräsig und selbstherrlich. Hier eine Abfuhr an die fragenden Journalisten, dort einen Watschen an die Staatsanwälte, die es wagten, die Räume der rheinland-pfälzischen CDU durchsuchen zu lassen. Kein Zweifel: Helmut Kohl ist wieder obenauf.