Dieses war nur der erste Streich

Der frisch fusionierte Bankriese aus Deutscher und Dresdner Bank hat das nächste Ziel schon vor Augen: Schnelle Expansion auf europäischer Ebene

aus FrankfurtKLAUS-PETER KLINGELSCHMIDT

Der große Hunger ist noch nicht gestillt: Die frisch verschmolzenen Konzernleitungen der Deutschen und der Dresdner Bank kündigten gestern in Frankfurt an, die Fusion sei nur der erste Gang gewesen. Nun folge eine „weitere Expansion“ auf internationaler Ebene. Das Ziel: „Ein europäischer Champion mit globaler Reichweite.“

Im Inland soll der neue Riese Deutsche Bank AG heißen, und lediglich noch der grüne Schriftzug und der Zusatz „die Beraterbank“ erinnert an die Dresdner. Im Ausland hingegen heißt die dann größte Bank in Europa mit einer aktuellen Bilanzsumme von einer Billion plus 245 Milliarden Euro Deutsche Dresdner Group, so Rolf-E. Breuer, Vorstandssprecher der Deutschen Bank. „Damit unsere ausländischen Geschäftspartner nicht durcheinander kommen.“

Breuer und der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Bernhard Walter, bilden die „Doppelspitze“ (Breuer) der neuen „grünen Bank“ (Walter), die ein „Merger of Equals“ sei, ein Zusammenschluss von Gleichen zu einem Institut, wie man nicht müde wurde zu betonen.

Doch einer ist immer gleicher ist als der andere. In diesem Fall die Deutsche Bank. Die wird bei der Frage nach der Unternehmensrelation von den Analysten beider Häuser intern mit 60 bis 64 Prozentpunkten bewertet; die Dresdner Bank nur mit 36 bis 40 Prozentpunkten. Entsprechend soll das Umtauschverhältnis der Aktien festgelegt werden.

Im November 2000 will die „Doppelspitze“ die Transaktion auf zwei Hauptversammlungen von den Aktionären absegnen lassen. Die Kurse der beiden Aktien würden bis dahin explodieren, so die Prognose der Gigantomanen. Die Aufsichtsräte der beiden Banken werden schon am kommenden Dienstag zustimmen. Schließlich avanciere die neue Deutsche Bank AG zur führenden Bank in Europa mit einer „herausragenden globalen Plattform mit strategischer Ausrichtung“ und einer Marktkapitalisierung von 80 Milliarden Euro.

Weltweit werde man die Nummer drei sein bei wohlhabenden Privatkunden, die Nummer vier in der Vermögensverwaltung. Und zusammen verfügten beide Institute über monetäre Reserven von 33,5 Milliarden Euro.

Eine gut gefüllte Kriegskasse, aus der Mittel vor allem für den Einstieg in das globale Internet-Banking (E-Commerce) entnommen werden sollen.

Wie sieht die Struktur der neuen Deutschen Bank, dem „Powerhouse“, nach der Fusion aus? Auf nur noch fünf Geschäftsbereiche will man sich beschränken: Firmenkunden und Immobilien, globale Unternehmen und Institutionen, Vermögensverwaltung, Technology and Services und die Betreuung potenter Privat- und Geschäftskunden.

Alle Finanzdienstleistungen und die Betreuung von Kleinkunden sollen schon Ende 2000 von einer neuen grünen Deutschen Bank 24 übernommen werden, die drei Jahre nach der Ausgliederung den Gang an die Börse antreten werde, sagte Breuer. Die neue Bank 24 werde alle dann noch existierenden Filialen der Deutschen Bank und der Dresdner Bank übernehmen und zu 32 Prozent der Allianz gehören, so Walter.

Rund 800 von aktuell noch 2.500 Filialen sollen bis dahin verschwunden sein. Im Gegenzug werde sich die Deutsche Bank von 90 Prozent ihrer noch 100-Prozent-Beteiligung an der Bank 24 trennen. Die neue Deutsche Bank AG hält dann nur noch 10 Prozent an der neuen Bank 24.

Die Allianz wird der Großaktionär der neuen grünen Bank 24 sein; der Rest ist Streubesitz. Eine „Entflechtung“ nannte das Breuer. Die Freude darüber, das mühsame, nur wenig Gewinn abwerfende Geschäft mit den Kleinkunden demnächst endlich loszuwerden, war gestern groß.

Wer sich nicht freut, sind die Beschäftigten. Deren Befürchtungen bestätigten sich gestern. 16.000 Arbeitsplätze werden bis 2003 durch Synergieeffekte wegfallen; vor allem durch die Schließung von Filialen. „Sozialverträglich“ sollen die Arbeitsplätze abgebaut werden, betonten Breuer und Walter, man wolle die normale Fluktuation nutzen: „Betriebsbedingte Kündigungen wollen wir vermeiden.“

Drei Milliarden per annum würden die Synergieeffekte einsparen. Externe Analysten bemängelten die Konzentration auf eben diese Synergieeffekte. Auf Dauer werde das nicht ausreichen, um vorne mitzuspielen.