vorlauf
: Das großeFressen

„Tatort: Viktualienmarkt“, So., 20.15 Uhr, ARD

Assistent Menzinger (Michael Fitz) kaut an einer Schinkensemmel. Der Anblick der verwesten Leiche, die in einer Baugrube am Stadtrand gefunden wurde, stört ihn dabei wenig. Seine Vorgesetzten Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtweitl) pauken indes auf der Fahrt zum Fundort Feinschmeckervokabeln.

Professionelles Interesse an ihrem Fall kann man den Kripobeamten des Münchner Tatorts zwar nicht absprechen, wahre Leidenschaft entwickeln sie aber eigentlich nur in puncto Essen: Während Batic sich im Büro aufgeregt auf die Aufnahme-Prüfung für einen Kochklub vorbereitet, lässt Menzinger in der frisch installierten Mikrowelle ein paar Weißwürste implodieren. Es geht also hoch her in Münchens bekanntester Männer-WG.

So hoch, dass der aufzuklärende Mord kaum das Bewusstsein des Zuschauers erreicht. Auch die Ermittler sind nicht allzu enthusiastisch bei der Sache; sie lösen den Job gleichsam beim Flanieren über den Münchner Viktualienmarkt. Eben noch empört sich Leitmayr über die gepfefferten Preise für südafrikanische Süßkartoffeln, da steht er mit seinem Kollegen Batic auch schon vor dem Gemüsestand zweier Mörderschwestern. Die verkaufen hier bereits seit Jahrzehnten Grünzeug, aber mit 20 haben sie nach einem Discobesuch eben jene Leiche verbuddelt, die den Kriminalern jetzt Rätsel aufgibt.

„Viktualienmarkt“ ist auch ein Geschwisterdrama. Und das wird schrecklich umständlich aufgerollt – über mangelnde Plausiblität wollen wir hier erst gar nicht reden. Die einfallslose Rückblende am Anfang kündigte ja schon an, dass im Verlauf des Films ein Trauma aufgearbeitet wird. Ein Trauma, das eine ganze Familie betrifft. So auch den Sohn einer der beiden unglücklichen Schwestern, der sich gegen Ende aus Frust über die Verlogenheit des Grünhöker-Clans vom Dachboden einer Markthalle stürzt. Leitmayr rettet den Suizidgefährdeten, indem er seinen Sprung durch ein paar Paletten Erdbeeren abfedert. Am besten sind die Ermittler eben, wenn es irgendwie ums Essen geht.

CHRISTIAN BUSS