der multikulturelle buchtipp

Fremde Liebe

Dem „jungfräulichen Terrain“ von Mischehen, so steht es im Vorwort, widmet sich ein Buch aus der anderen Bibliothek: „Fernstenliebe – Ehe zwischen den Kontinenten“. Drei Berichte von drei Männern auf drei verschiedenen Kontinenten. Die Protagonisten – alle einer weißen, aufgeklärten, weltoffenen, schreibenden Mittelschicht zugehörig – erzählen von ihren Liebeserfahrungen in der Welt. An die eigene Biografie angelehnte Geschichten, die sich dadurch auszeichnen, dass sie nicht nur das eigenen Seelenleben sezieren, sondern – die Liebe als Vehikel – der anderen Kultur auf den Leib rücken.

Georg Brunhold lebte sechs Jahre in Afrika. Mit großen theoretischen Erläuterungen zwischen Freud und Hegel nähert er sich dem Objekt seiner Begierde: der afrikanischen Frau. Von der erfahren wir jeweils den Namen – Malika, Julie oder Suzy –, ansonsten bleibt sie ohne Eigenschaften, außer dass sie tut, was sie will. Dafür setzt sich der Autor, der in der Erzählung Paul heißt, am Beispiel seiner Freundin Lisa, die einen acht Jahre jüngeren Asylbewerber heiraten will, immer wieder mit den Fallstricken, Ambivalenzen und kulturellen Missverständnissen in einer Mischbeziehung auseinander. Kassandrarufe eines Afrikaerfahrenen, die über die Probleme der Freundin verständlich werden. Seine eigenen Beziehungsgeschichten bleiben nebulös. Offensichtlich sind die Fallen für ihn längst nicht so bedrohlich wie für seine Freundin Lisa. Er ist der bewegliche Mann. Zugegeben, seine Schilderungen afrikanischer Bars, seine ethnologischen Forschungen zu Afrikanerinnen in der Schweiz, seine Überlegungen zu den Abgründen der Liebe – all dies liest man gern. Nur warum bleibt der Mann in seiner Beziehung zur Afrikanerin selbst so konturlos?

Ganz anders die Geschichte von Klaus Hart über Brasilien. Auch er bescheibt verschiedene Liebesgeschichten seines Protagonisten Frank. Bei ihm haben Frauen Gesichter, sein sinnlicher Rausch im brasilianischen Liebeswirrwar ist lebendig, seine Geschichten von Eifersucht, Drama, Verlust und Betrug sind nachvollziehbar.

Nach all den polygamen Erkundungen von Paul und Frank kann man bei der wunderschönen Liebesgeschichte von R. Kyle Hörst aufatmen: Seine Liebe zu der Vietnamesin Dung endet mit glücklicher Familie und drei Kindern. Liebe ist eben mindestens so vielfältig wie die Kulturen dieser Welt. EDITH KRESTA

Georg Brunold, Klaus Hart, R. Kyle Hörst: „Fernstenliebe“. Eichborn Verlag 1999, 310 Seiten, 49,50 Mark