NPD zieht durch Berlins Mitte

Rechtsradikale werden bei ihrem Marsch von linken Gegendemonstranten begleitet. Bündnis für ein „Europa ohne Rassismus“ trommelt am Brandenburger Tor

BERLIN taz ■ An Kreuzberg ist der Kelch vorübergegangen. Linke Demonstranten erreichten durch die Besetzung mehrerer Kreuzungen, dass die Demonstration der rechtsradikalen NPD am Jahrestag des deutschen Einmarsches in Österreich nicht durch den Bezirk Kreuzberg, sondern durch Mitte Richtung Brandenburger Tor ging.

Trotz der Routenänderung trafen Rechte und Gegendemonstranten gestern aufeinander: In der Leipziger Straße, die zum Potsdamer Platz führt, trennten nur wenige Meter und ein dichtes Polizeispalier die beiden Gruppen. Auf der rechten Fahrspur demonstrierten die etwa 500 Rechten unter dem Motto „Wir sind ein Volk – Nationale Solidarität mit Wien“, auf der linken Fahrbahn etwa ebenso viele Gegendemonstranten.

Während aus den NPD-Reihen Rufe wie „Antifa – ha, ha, ha“, „Hier marschiert der nationale Widerstand“ und „Deutschland den Deutschen“ skandiert wurden, antworteten die anderen mit „Nazis raus“ und mit vereinzelten Eier- und Steinwürfen. Als der Polizei, die mit 1.500 Beamten vor Ort war, der linke Widerstand zu bunt wurde, setzte sie Wasserwerfer ein und nahm mehrere Dutzend Gegendemonstranten fest.

Das Verbot der NPD-Demo durch die Berliner Innenbehörde war in zweiter Instanz vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben worden. Die Schützenhilfe, die sich Innensenator Werthebach (CDU) von Außenminister Joschka Fischer (Grüne) geholt hatte, der einen Ansehensverlust im Ausland befürchtete, ließ das Gericht nicht gelten. Der Bündnisgrüne Christian Ströbele warf der Innenverwaltung vor, das Demonstrationsverbot „nicht mit der notwenigen Konsequenz“ verfolgt zu haben. Mit lautem Getrommel demonstrierten derweil mehrere tausend BerlinerInnen am Brandenburger Tor für ein „Europa ohne Rassismus“. Ein breites Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Bundestagspräsident Thierse (SPD) zeigte sich erfreut über die zahlreiche Teilnahme. Doch er forderte ein „Engagement über den heutigen Tag hinaus“. Die Stärkung der Demokratie sei die richtige Antwort auf den Rechtsextremismus. Madeleine Petrović von den Grünen im österreichischen Nationalrat betonte, dass auch in Österreich der Widerstand gegen Rechtsradikale wachse. Die österreichische Staatssekretärin für Tourismus, Mares Rossmann (FPÖ), distanzierte sich auf der Internationalen Tourismus-Börse von dem NPD-Aufmarsch. „Das wäre in Österreich nicht möglich gewesen“, sagte sie, „wir haben ein Verbotsgesetz für jede Art der Huldigung dieser Symbolik“. B.BOLLWAHN DE PAEZ
CASANOVA / SILVIA LANGE

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