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: Nachrichten aus der Kommunikationsgesellschaft

WOCHENENDPREISE GIBT’S NICHT!

Aus stolzem Unwillen gegen alle Verbrauchertipps klebte ich neulich Lose auf eine Postkarte. Da hatte ich schon gewonnen. Ein entenförmiges Schlüsselbrett, tolle Ringe oder eine Reise nach Amerika, stand im Prospekt. Beim Briefmarkenkauf auf der Post am Alexanderplatz kommentierte eine ältere Frau mit Yorkshireterrier die lange Warteschlange mit den Worten „Scheiß Demokratie“. Doch schon am nächsten Vormittag riefen sie mich an. „Halten Sie sich fest, Frau Küppers!“, schrie ein Mann. „Sie haben gewonnen. Ein Wochenendpensionsaufenthalt für zwei Personen in Österreich, der Schweiz oder in Deutschland!“

Großartig. Zufällig sei der Kollege gerade zur Preisüberreichung in der Stadt. Ich sollte mich um 18 Uhr bereit halten. Er würde dann auch eine Weinprobe mit mir machen. Super. Wie von der netten Firma befohlen, kaufte ich ein Stück Käse und Brot für den Besuch. Dann lud ich Freundinnen ein und legte einen neuen Film in meine Kamera. Der Weinprobenmensch kam nie. Stattdessen rief mich zwei Wochen später eine Frau an und wollte eine Weinbestellung von mir. Als ich von der Katastrophe erzählte, wollte sie sofort den Namen ihres Kollegen aus mir rauspressen. Ich schwärzte den Mann nicht an. Die Frau versprach, wieder anzurufen, tat das aber bisher nicht. Von meinem Wochenendpreis redet kein Mensch mehr. Auch Freunde sind von der Kommunikationsgesellschaft enttäuscht. Der Einzige, der bei Azra anruft, ist ein Mann von der Firma Bofrost. Sie versucht seit Wochen Kilopakete gefrorenen Brokkolis abzuwehren. Auf ihren Versuch: „Ich hab’ keinen Kühlschrank und keine Zähne“, antwortete er geschäftstüchtig: „Dann lutschen Sie’s eben“.

Wenn man Matthias fragt, was er macht, sagt er: „Ich geh’ ins Bett und trommle mit den Fäusten“. Sein sprechender Drucker ist kaputt. Als ich Matthias das letzte Mal traf, saß er mehrere Tage ohne Unterbechung in seinem Zimmer und ließ sich von seinem Drucker anbellen: „Druckvorgang wird fortgesetzt!“ Immerhin hat der Briefkasten ab und zu interessante Informationen. Heute war das Faltblatt eines Pizzabringdienstes drin. Es warb mit „Preisen wie vor 20 Jahren“. Eine Pizza „Katastropha“ kostete demnach 1980 sechs Mark.

KIRSTEN KÜPPERS