Mini, Midi, Mici

Rosenborg Trondheims Jahn Ivar Jakobsen ist ein kleiner Fußballer, deshalb nennt er sich Mini. Gegen Bayern München spielt der kleine große Norweger heute zum letzten Mal auf dem Festland

von RONALD RENG

Warum der 65-malige norwegische Nationalspieler Jahn Ivar Jakobsen, Künstlername Mini, mit dem Profifußball aufhört, ist leicht erklärt: „Weil ich abends vor dem Fernseher sitzen, einen Liter Cola trinken und Chips mampfen will.“ Er ist jetzt 34, in einem Alter, „wo du mehr trainieren musst als die Jungen und aufpassen, was du isst. Das will ich nicht: Körner am Morgen, nur um fit zu bleiben. Da höre ich lieber auf. Ich bin müde.“

So spielt Mini an diesem Dienstag mit Rosenborg Trondheim in der Champions League gegen Bayern München sein letztes Auswärtsmatch, es folgt ein finaler Auftritt zu Hause gegen Real Madrid. Mini geht: Eine Woche nach dem Abschied von Lodda heißt es erneut „Auf Wiedersehen“ im Münchener Olympiastadion. Mini lacht nur über den scherzhaften Vergleich mit Matthäus. Und doch war Mini für alle, die nach Helden fernab der Superstars suchen, eine Identifikationsfigur: Er steht – sein Name ist Programm – für die Kleinen, die im großen Fußball eigentlich keine Chance haben und diese nutzen. Seit 1995 taucht Rosenborg Jahr für Jahr in der Champions League auf, mit den finanziellen Möglichkeiten eines Bundesliga-Durchschnittsteams (Jahresbudget: 28,5 Millionen Mark), und sammelt die Skalps: Real Madrid geschlagen, den AC Mailand, Dortmund. Und links außen immer dieser kleine Mann, 1,68 Meter groß, der Bauch lustig herausstehend, auf dem Trikotrücken nicht, wie es die Regeln vorschreiben, der Nachname, sondern: Mini.

Dass sein Team nun in der Zwischenrunde aussichtsloser Tabellenletzter ist, bestätigt die Kritiker, die Rosenborgs Erfolge als Zufallsprodukte abtaten. Doch wer die 1:2-Niederlage gegen Kiew vergangene Woche sah, wird es besser wissen: Der norwegische Meister spielte eine fabelhafte Partie. Exzellente Spielzüge in Hochgeschwindigkeit, Dutzende von Chancen – nur die Torschüsse waren eher peinlich.

Mini findet, Schadenfreude über Rosenborgs mageren Punktestand sei nicht angebracht: „Wir kleine Eisbären sind diese Saison unter den besten 16 Vereinen Europas. Das musst du mal richtig bewerten: Ein vergleichbarer Erfolg wäre, wenn eine Schülerzeitung mehr Auflage erreicht als eine große Zeitung.“

Außergewöhnliche taktische Disziplin ist ein Grund, warum Rosenborgs Elf besser ist, als es die elf Spieler vermuten lassen. Mini, glaubt Wolfgang Dremmler, der für den FC Bayern die Gegner beobachtet, „würde in der Bundesliga sofort als Blinder abgetan, weil er kein spektakulärer Einzelkönner ist. Aber in Rosenborgs System funktioniert er.“

Tatsächlich hat sich Mini einmal in Deutschland versucht, 1994 beim MSV Duisburg; ein einziges Mal spielte er, bevor eine Stunde rum war, wurde er schon wieder ausgewechselt: „Ich war zweieinhalb Jahre bei Young Boys Bern, sechs Monate bei Lierse SK in Belgien und 53 Minuten in Duisburg“, sagt er. Nun ist es bald vorbei, er steckt schon halb im neuen Leben: Vor zwei Wochen wurde er in Rosenborgs Vorstand gewählt, somit tritt erstmals in der Champions League eine Elf mit einem Vorstandsmitglied an. „Ich überlasse es aber noch dem Trainer, mich aufzustellen.“

Neben der Vereinsarbeit in Trondheim wird er in Zukunft als Sportreporter für das Fernsehen arbeiten, „damit meine große Klappe nicht verloren geht“. Das wäre auch schade, sagt sein alter Freund Jan-Age Fjörtoft (Eintracht Frankfurt): „Mit Mini verliert der Fußball Farbe, jetzt wird es grauer. Es gibt nur einen Mini.“ Der verrät sein letztes Geheimnis: Als er bei der WM 1994 erstmals unter seinem Künstlernamen antrat, wollte man das verbieten; das Pseudonym sei nicht in seinem Reisepass eingetragen. Mini schrieb es einfach selber mit Hand hinein, dann war alles okay: „Ich bin ein nicht überführter Dokumentenfälscher.“