SPANIENS SOZIALISTEN SIND FÜR IHRE NIEDERLAGE SELBST VERANTWORTLICH
: Zerbrochener Mythos

Eindeutiger hätte das Ergebnis nicht ausfallen können. Der konservative spanische Regierungschef José María Aznar und seine Partido Popular (PP) haben am Sonntag die absolute Mehrheit erreicht. Vor vier Jahren war der Vorsprung der PP vor der sozialistischen PSOE nur hauchdünn ausgefallen. Was viele nicht wahrhaben wollten, ist eingetreten. Die PP hat erfolgreich die politische Mitte erobert. Und die wählt nicht mehr nach dem unversöhnlichen Links-rechts-Schema, das Spanien als hartnäckiges Erbe aus dem Bürgerkrieg bewahrt hat. Die politische Mitte will reelle Erfolge sehen und eine saubere Regierungspolitik.

 Aznars Sieg räumt mit einem verhängnisvollen Mythos auf. Viele auf der Linken glaubten fest daran, dass die Rechte – durch die Franco-Diktatur belastet – nicht mehrheitsfähig sei. Selbst nach der Wahlniederlage vor vier Jahren träumte die Linke noch immer von der gesellschaftlichen Mehrheit. Diesmal sollte ein Pakt mit der kommunistisch dominierten Vereinigten Linken (IU) dieser Mehrheit zum Durchbruch verhelfen. Vergebens: Die beiden Linksparteien schnitten schlechter ab denn je. Und haben sich das selbst zuzuschreiben. Wenn ein Politiker der alten sozialistischen Garde wegen Korruption vor Gericht kam oder gar wegen des schmutzigen Krieges gegen die ETA zu Haftstrafen verurteilt wurde, zeigte sich die Partei solidarisch und wetterte gegen angebliche politische Verfolgung. Die PSOE verpasste es, sich wirklich zu erneuern. Ausgerechnet die alten, schwer belasteten Minister, die 1996 abgewählt worden waren, bestritten in den vergangenen vier Jahren die Oppositionsarbeit und führten den Wahlkampf der PSOE.

 Die Wirtschaftslage sprach eindeutig zu Gunsten der Konservativen. 1,8 Millionen neue Arbeitsplätze in vier Jahren Aznar und der Beitritt zum Euro standen auf der Habenseite. Die Sozialisten rechneten den Wählern dagegen vor, alles sei schlechter als einst unter ihnen. Dabei hatte PSOE-Spitzenkandidat Joaquín Almunia als ehemaliger Arbeitsminister eine Massenentlassung nach der anderen zu verantworten. Und seine Rentenreform hatte einst sogar den ersten großen Generalstreik heraufbeschworen.

 Gewonnen hat am Sonntag die spanische Demokratie. Die Regierenden, welcher Couleur auch immer, wissen künftig, dass ihre Macht vergänglich ist und sie vom Wähler für ihre Fehler verantwortlich gemacht werden. REINER WANDLER