Einen Synergy-Drink, bitte!

■ Neue Musik und Neue Mitte: In der Markthalle präsentierte der Elektronikkünstler „Oval“ sein neues Sound-Spielzeug

Wie ein R2D2 im Wilden Westen stand er da: ein ein Meter hoher Block aus Hi-Tech, Plexiglas und Lochblech, mitten im rockverseuchten Gebälk der Hamburger Markthalle. Auf seiner Oberseite ein Trackball und ein Flachbildschirm, verbunden mit Laptop, stationärem Rechner und Datenprojektor. Eine Pressekonferenz, sonst einberufen, um den Zeithaushalt von Stars so effizient wie möglich zu verwalten, für ein Thema, welches sich in verschwindend kleine kulturellen Nischen verflüchtigt? Dieser Widerspruch war noch einer der am einfachsten lösbaren im Projekt Zukunft, denn anders als am Objekt lässt sich Markus Popps Vision nicht übermitteln.

Angereist aus Berlin, um dem zwanzigköpfigen Auditorium aus Musik- und Multimedia-Presse den Stand der Forschung nahe zu bringen, stand da der menschliche Zulieferer des Interface namens Oval, bemüht, über zwei Stunden als Künstler zu verschwinden, um genug Raum für die eigentliche Problematik zu schaffen. Die heißt „neuer Musikbegriff“ und steht auf tradierten Begriffen wie „Architektur“, „Design“ und „Front-End“ und ihren Gleitmitteln „Interface“, „Connectivity“ und, mal ganz altertümlich: „Schnittstelle“. Währenddessen schimmert hinter ihm die Oberfläche seines zusammen mit Softwarespezialisten geschaffenen Produktions-Tools in hübschen pastelligen Tönen, durch den Raum gleiten die korrespondierenden Klänge, ambient, elektronisch, kühl. Hat mal jemand einen Synergy-Drink?

Genau wie der antizipierte Paradigmenshift den alten Musikbegriff zu sprengen sucht, ist Popp notwendigerweise auch das ebenso alte sozio-kulturelle Grundgerüst oder die gute alte geschmäcklerische Wertung fremd. Nur so geht es zusammen, dass dieser einsame Avantgardist auch Prada und Armani mit Sound bestückt und dass das erste State-Of-The-Art-Sound-Terminal nicht etwa in besetzten Häusern die Subversion stärkt, sondern im Berliner Sony-Center künstlerischen Kitzel für die neue Mitte bereitstellt. Man kann sich schließlich nicht um alles kümmern, jede Entscheidung definiert sich hauptsächlich negativ; im kleinen wie Großen werden Grenzen gezogen. Diese in Sound & Struktur so weit wie möglich zu stecken und dabei immer wieder das Interface zu zentrieren, ist der Anspruch. Bleiben die charmanten Widersprüchlichkeiten, an die man sich als geschüttelter Mitspieler der Postmoderne längst gewöhnt hat, denn in (mindestens) einem Punkt unterscheidet sich die Begleitschrift zu Oval nicht von der zu AC/DC – auch für die digitale Befreiung gilt der Imperativ „Extrem laut hören!“ Holger in't Veld