In der Mensa jetzt à la carte

■ Die Küche der neuen Uni-Mensa hat das taz-Examen mit Bravour bestanden, das Kassensystem ist leider durchgefallen / Studierende wollen Essenmarken wiederhaben

Ältere Semester erkennen die alte, neue Uni-Mensa nicht wieder. Eine Studentin zieht schon an der Eingangstür ihre Kommilitonin am Ärmel und raunt ihr zu: „Sieht gar nicht aus wie die Mensa“. Fast ehrfürchtig betreten sie den hellen Raum und sehen sich erstmal um, bevor es ans Essen geht. Offenbar sind viele aus Neugier zum ersten offiziellen Öffnungstag gekommen: Für einen Tag mitten in den Semesterferien ist die Hölle los. Und das liegt mit Sicherheit nicht an der Kapelle, die im Hintergrund Easy-Listening-Jazz dudelt.

An der ungewohnten Arbeitsstätte kommt sie Küchen-Crew ordentlich ins Rotieren. Trotzdem will Küchenchef Peter Riethmöller seinen Gästen zur Eröffnung etwas Besonderes bieten: Als Essen 1 gibt es ein Cordon Bleu aus Hähnchenbrustfilet mit Thymiansauce, Kaisergemüse und Salzkartoffeln. Und die Premiere ist gelungen: Das Gemüse ist al dente, wie es sich Großküchengeplagte kaum vorstellen können. Das Cordon Bleu ist außen knusprig und innen saftig, wie es sich gehört. Außerdem speichert es die Hitze gut, und das ist heute wichtig. So ist es auch noch ein Genuss, nachdem ich meinen Sitzplatz in der oberen Etage erreicht habe, die auch an diesem tristen Regentag lichtdurchflutet und freundlich ist. Anders die etwas reichlich garen Kartoffeln und die eigentlich schmackhafte Kohlrabisuppe: Sie haben ihre Wärme in der langen Kassenschlange ausgedampft und dadurch viel von ihrer Qualität eingebüßt.

Das neue Kassiersystem ist nämlich bislang alles andere als ausgereift. Eigentlich wollte das Studentenwerk durch die weitgehende Umstellung auf die neue Mensa-Card Staus vermeiden, passiert ist aber erstmal das Gegenteil. Erst Wenige benutzen die neue Karte, aber von den acht Kassen sind schon sechs für diese Zahlungsweise reserviert. Die Folge: Sechs Kassiererinnen langweilen sich; zwei arbeiten im Akkord die Barkunden ab, die dennoch eine Viertelstunde warten müssen. Das sorgt für Unmut, viele fühlen sich zur Kartennutzung gedrängt. Mancher legt gar wortlos den passenden Obolus an einer Kartenkasse ab und ignoriert den Protest der Kassiererin. Andere beugen sich der Macht der Fakten: Sie reihen sich in eine andere Schlange ein und besorgen sich erstmal die Mensacard. Dadurch könnte sich die Lage in den nächsten Tagen entspannen.

Einige Studierende dagegen wollen das Projekt Mensacard noch zum Kippen bringen: Das „Montags-plenum“ ruft zum Boykott der Karte auf und fordert die Wieder-einführungder alten Essens-marken. Im Eingangsbe-reich sammeln sie jetzt Unterschrif-ten und servieren kostenlos Glühwein und Kekse. In einem Flugblatt äußern sie die Befürchtung, die Karte sollte die Schwelle zu den teureren Wahlessen senken. Außerdem kritisieren die hochschulpolitischen Aktivisten, dass die Karte nicht anonym ist, sondern „durch die Erfassung der Matrikelnummer eine eindeutige Spur zur KartenbesitzerIn legt“. not

Der Speiseplan im Internet unter http://www.uni-bremen.de