Kann wegfallen und mehr

Warten auf die Strukturreform: Die Fortsetzung der Diskussion um den Kulturhaushalt im Unterausschuss Theater

Ausnahmsweise einmal waren sich Kultursenatorin Christa Thoben und die PDS einig: Den Opernhäusern die geforderte Etaterhöhung für das Jahr 2000 zu verweigern, käme einer Schließung gleich. „Weitere Einsparungen bei den Opern sind nicht möglich“, sagte die als Haushaltsexpertin ausgewiesene Thoben. Umstrukturierungen und Einsparungen könnten frühestens 2002 greifen.

Die Diskussion um den Kulturhaushalt steuert auf eine Auseinandersetzung um Tarife und Arbeitsrecht zu. Überall wird der finanzielle Mehrbedarf der Häuser mit gestiegenen Personalkosten begründet. Ohne Tarifsteigerungen, lautet der Subtext, kämen wir im Rahmen des Haushalts prima zurecht. Seit die Musiker der Deutschen Oper im Streit um die Medienpauschale Aufführungen von Schönbergs „Moses und Aron“ platzen ließen, ist die Stimmung umgeschlagen. Seitdem wächst der Konsens, im Personalabbau und neuen Verträgen das Heil der Kulturbetriebe zu suchen. Geld aus anderen Haushalten in die Kultur umzuschichten, wagt dagegen keine Partei mehr zu fordern.

Nur Alice Ströver von den Grünen versuchte den Haushaltsansatz für 2000 aufzubrechen und für den Neuanfang der Schaubühne jene 2 Millionen mehr zu bewilligen, die Ex-Senator Radunski in Aussicht gestellt hatte. Doch die Regierungskoalition zog dabei ebensowenig mit wie bei Strövers Antrag, für die Renovierung der Volksbühne, die ihr Haus bis in jeden Winkel ausnutzt, investive Mehrausgaben zur Verfügung zu stellen. So bleibt es bei der Ungerechtigkeit: Nur wer schon überzogen hat, kriegt mehr. Ströver schlug auch die Gründung eines Fonds vor, aus dem die so genannten KW-Stellen (Kann-Wegfallen-Stellen) halb von den Theatern und halb vom Land finanziert würden und dessen Mitarbeiter in allen Häusern eingesetzt werden können. Denn im letzten Unterausschuss Theater hatten fast alle der eingeladenen Intendanten über das Verbot betriebsbedingter Kündigungen gestöhnt. Die bisherigen Verträge erlauben nicht einmal Vertretungen von Technikern oder Musikern zwischen den Theatern. In dieser Stimmung hoffte Elmar Ottenthal, Intendant des Theaters des Westens, auf frischen Wind für sein Konzept einer Ausgründung. Dass er nur 12 von 38 fest angestellten Musikern in der derzeitigen Aufführung von „Chicago“ braucht, ist sein schlagendstes Argument. Mit Technikern, Beleuchtern, Bühnen- und Kostümbildnern des Theaters will er eine Firma gründen, die auch am freien Markt für Filmproduktionen oder Messen schuftet.

Für diesen forschen Schritt ins freie Unternehmertum braucht Ottenthal die Zustimmung seines Aufsichtsrates, in dem auch Christa Thoben für das Land Berlin sitzt. Sie signalisierte Zustimmung. Das Konzept der Umstrukturierung aber warf viele Fragen auf, die ungeklärt blieben: Warum die GmbH des Theaters nicht schon jetzt mit Vermietungen Einnahmen macht, wie die Ausgründung finanziert wird und was passiert, wenn die neue Firma keinen Erfolg hat. So ganz trauten die Abgeordneten Ottenthal nicht, dass er keine Subventionserhöhung beantrage.

KATRIN BETTINA MÜLLER