Hilfssheriffs für Sachsen

Die sächsische Polizei bekommt Verstärkung: Weitere 240 Bürger patrouillieren als Sicherheitswacht durch den Freistaat. Die Opposition hat Bedenken und spricht von einer „gefährlichen Grauzone“

Aus Dresden NICK REIMER

Das Land Sachsen will noch in diesem Jahr 240 weitere ehrenamtliche Sicherheitswächter ernennen. Statistisch gesehen verfügt dann jedes sächsische Polizeirevier über fünf Hilfssheriffs, die maximal 40 Stunden Dienst im Monat tun dürfen. Dafür erhalten sie steuer- und anrechnungsfrei zehn Mark pro Stunde.

Bereits im Frühjahr 1998 war die sächsische Sicherheitswacht gestartet – zunächst als Pilotprojekt in Görlitz, Pirna und Leipzig. Ziel war es, „den Bürgern ein Gefühl zu geben, dass Sachsen eine sichere Region ist“, so Innenminister Klaus Hardraht damals. Gesetzliche Grundlage bildete das so genannte „Sicherheitswacht-Erprobungsgesetz“, das wegen der „guten Erfahrungen“ im letzten Jahr in ein ordentliches Gesetz umgewandelt wurde.

Die Kritik der sächsischen Opposition setzt bei den hoheitlichen Befugnissen der Sicherheitswächter ein. Sie dürfen Streife laufen, Mitbürger kontrollieren und Personalien feststellen. Sie überwachen „polizeiliche Schwerpunkte“ und sprechen Platzverweise aus – quasi als rechte Hand der Polizei sorgen sie im Freistaat für Recht und Ordnung.

Zwar müsse man akzeptieren, „dass die Menschen in den neuen Ländern ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis haben“, erklärt SPD-Sicherheitsexperte Peter Adler. Dieses Gefühl rühre unter anderem daher, dass die repressive DDR eine Pseudosicherheit vermittelte. Aber Innenminister Klaus Hardraht bewege sich „in einer gefährlichen Grauzone, gefährlich auch für die Sicherheitswächter selbst“.

Den ehrenamtlichen Aufpassern stünde zur eigenen Verteidigung lediglich handelsübliches Reizgas zur Verfügung. Zudem seien die Auswahlkriterien zweifelhaft. Nach Adlers Beobachtung kämen die Bewerber „zu einem ganz großen Teil aus dem streng konservativen Spektrum“. Sie hätten eine gewisse Liebe zu Uniformen und Waffen, ihr Denken sei, so der SPD-Politiker, „stringent und wenig disponibel“. Die sechzigstündige Ausbildung reiche nicht aus, um ihrer Rolle gerecht zu werden. Statt der Sicherheitswacht will die SPD lieber Partnerschaften zwischen Polizei und Kommunen installieren. „Warum sollen nicht Stadtangestellte wie Ordnungsamt oder Politessen Sicherheitsaufgaben mit übernehmen?“, fragt Adler und kündigt eine entsprechende Gesetzesinitiative an.

Auch die PDS kritisiert die „Grauzone“. Steffen Tippach, stellvertretender Fraktionschef, gestern gegenüber der taz: „Die Sicherheitswacht ist eine Mogelpackung, die mit nicht mehr ausgestattet ist als mit Jedermannsrechten.“ Auf diese Weise gaukele das Innenministerium Sicherheit vor, die objektiv nicht da sei. Das sieht das Innenministerium ganz anders. Man habe „überaus gute Erfahrungen mit der Wacht“ gemacht, erklärte Ministeriumssprecher Thomas Uslaub.