Filmstarts à la carte
: Marguerite, Mythen und Mullan

Lange Zeit kreiste das Werk von Alain Resnais vornehmlich um Fantasien, Imaginationen, Träume und Erinnerungen. Dabei durchbrachen die sich häufig auf verschiedenen Realitätsebenen entfaltenden Filme des französischen Regisseurs immer wieder radikal das herkömmliche Raum- Zeit-Kontinuum. So verwundert es nicht, dass die Montage auch in seinem ersten Spielfilm „Hiroshima mon amour“ (nach Marguerite Duras) die eigentliche Hauptrolle spielt. Konsequent durchdringen sich Gegenwart und Vergangenheit für die zu Dreharbeiten in Hiroshima weilende französische Schauspielerin (Emanuelle Riva), deren japanischer Liebhaber sie an ihre erste Liebe, einen deutschen Soldaten während der Okkupationszeit, erinnert. Bis die in kurze Parallelmonagen gesetzten, gleichförmig dahingleitenden Kamerafahrten durch die Straßen von Hiroshima und ihrer Heimatstadt Nevers sich für die Protagonistin zu einer Einheit von Ort und Zeit verdichten.

„Hiroshima mon amour“ 20.3.- 22.3. im Blow Up 2 und im Filmkunst 66

Shakespeares turbulente Komödie „Ein Sommernachtstraum“ hat Michael Hoffman in seiner Verfilmung heftigst modernisiert: In der Toskana des ausgehenden 19. Jahrhunderts finden sich die von allerlei Liebeszauber verwirrten Protagonisten zum Fahrradfahren (mit batteriebetriebener Beleuchtung), Schlammcatchen oder Hören von Schallplatten mit italienischen Opernarien ein. Hoffmans Stärke als Regisseur liegt dabei vor allem im dekorativen Bereich: Elegant gleitet die Kamera an üppigen Tafeln entlang und durcheilt schöne Landschaften, und die hübschen Zauberwald- Dekorationen erinnern mit ihren unzähligen Grotten und Treppen an ein bizarres Amphitheater. Neben den puren Schauwerten überzeugen die Schauspieler in den komischen Rollen: zum Beispiel Kevin Kline, der sich als eitler Amateurschauspieler Zettel trotz eines angehexten Eselkopfs zum Liebesobjekt der Elfenkönigin Titania (Michelle Pfeiffer) wird, oder auch Stanley Tucci, der als Kobold Puck dem Treiben der Menschen mehr als verständnislos zusieht.

„Ein Sommernachts-Traum“ 16.3.-22.3. Cinema am Walther- Schreiber-Platz

Ende der fünfziger Jahre hatte das alte Studiosystem Hollywoods endgültig abgewirtschaftet. Ein Generationswechsel fand statt: Die Regieveteranen zogen sich nach und nach ins Privatleben zurück und wurden durch junge Regisseure aus der goldenen Ära des Live-Fernsehens ersetzt, die wenig Interesse daran hatten, in ausgetretenen Pfaden weiterzuwandeln. So verknüpft Arthur Penn, der sich in seinen Filmen häufig mit Außenseitern der Gesellschaft beschäftigt, in „Bonnie and Clyde“ den Gangster-Mythos der 30er Jahre mit der Popkultur der 60er und erläutert, wie die Medien zum Entstehen von Mythen entscheidend beitragen. Ausführlich zeigt der Film die historisch belegten fotografischen Selbstinszenierungen des Gangsterpärchens, die ebenso wie Bonnies selbstgedichtete Rechtfertigungsverse an Zeitungen verschickt wurden. Am Ende müssen die neuen Medienstars dieser Selbstüberschätzung Tribut zollen: Sie fallen ihrer eigenen Legende zum Opfer.

„Bonnie und Clyde“ 16.3.-22.3. im Klick

Um die Filme des Schauspielers Peter Mullan zu goutieren, benötigt man neben guten Kenntnissen des schottischen Dialekts vor allem einen Sinn für schwarzen Humor. Da stehen Komödien kurz vor dem Kippen ins Tragische und Tragödien wandeln sich in Grotesken: Mullans Kurzfilm „Fridge“ erzählt von einem obdachlosen Alkoholikerpärchen, das sich stundenlang um die Befreiung eines Jungen aus einer verklemmten Kühltruhe bemüht. Ein bitterer Kampf mit sich selbst, der Umwelt, und der Tücke des Objekts.

„Kurzfilme von Peter Mullan“ 18.3. im Balász

Lars Penning