Scharfzüngige Gräfin

Selbstironie und Selbstbewusstsein zeichnen die deutsche Afrika-Beauftragte aus. In Mosambik zollt ihr auch die Bundeswehr Respekt

Man begegnet ihr nur mit einer Anrede: „Gräfin“. Vor der scharfzüngigen Gesandten der Bundesregierung verbeugen sich selbst die deutschen Offiziere, die ins ferne Mosambik geschickt wurden. Es ist eine reine Männerwelt, in der sich die Dame mit dem ostpreußischen Adelstitel hier bewegt. Das ist sie gewöhnt.

Vier Jahre lang war Helga Gräfin Strachwitz einzige Botschafterin im wilden Jemen. „War ja ein bisschen knapp“, kommentiert sie das Aufsetzen einer südafrikanischen Transportmaschine auf dem Flughafen von Maputo. Ums Haar hätte das Flugzeug eine deutsche Transall gerammt.

Die Gräfin bleibt gelassen. „Ich will selbst sehen, wovon wir eigentlich in Berlin reden“, begründet sie ihren Aufenthalt im überfluteten Mosambik. Das schließt einen Blitzbesuch in Beira und einen Rundflug über dem Save-Tal ein. Hinterher lobt sie das reibungslose Zusammenspiel von Bundesgrenzschutz, Luftwaffe und den Hilfsorganisationen. Was wohl heißen soll, dass man auch anderes hätte erwarten können.

Sie bemüht sich, den Eindruck auszuräumen, Berlin habe zu spät auf die Hilferufe reagiert. Schlagfertig ist sie allemal. „Wir sind die Spedition für die staatlichen und nicht staatlichen Organisationen“, sagt sie über den Einsatz der Bundeswehr. Der General neben ihr zuckt fast sichtbar zusammen.

Als schwer erziehbar galt sie als Kind und musste deshalb ins Internat. Strachwitz erzählt das lachend, durchaus selbstironisch, fast sarkastisch. So viel Humor haben die wenigsten Männer um sie herum. Ebenso selbstironisch gibt sie zum Besten, wie sie zum Schwarzen Kontinent kam. Mit 24, als blutjunge Diplomatin, musste sie wegen eines Krankheitsfalles einspringen, um den damals ebenso jungen Präsidenten von Gabun, Omar Bongo, durch Deutschland zu begleiten. Das war 1969. Der noch heute regierende Potentat lud sie nach Libreville ein, 14 Tage lang. Im damals noch viel mehr von Männern dominierten Auswärtigen Amt war das fast ein Affront.

Was sie dort in Westafrika zu sehen bekam, ließ sie nicht mehr los. Sagt sie heute. Subkutan ging das. Unter die Haut also. Im diplomatischen Dienst bedürfe es „eines entwickelten Sinnes für Exotik“. Die Interpretation dieses Satzes bleibt der eigenen Fantasie überlassen. Afrika-Experten galt die Gräfin dagegen lange Zeit als Hardlinerin fast kolonialen Zuschnitts.

Heute, sagt Strachwitz, sei Afrika trotz aller Katastrophen auf einem positiven Weg, und sie bescheinigt dem „zu Unrecht als verloren abgeschriebenen Kontinent eine faszinierende Entwicklung“. KORDULA DOERFLER