achtzehnter märz
: GESCHICHTE WIRD GEMACHT

„Keine Atempause/Geschichte wird gemacht/Es geht voran!“, schrammelten die Fehlfarben in den Achtzigerjahren. Das war, gelinde gesagt, übertrieben. Bereits seit 1978 bemühte sich die „Aktion 18. März“ um ein würdiges Andenken an die Revolutionäre des Jahres 1848. Doch voran ging es erst, als Verkehrssenator Jürgen Klemann, der am Brandenburger Tor lieber eine Filiale des ADAC als eine Erinnerung an die Berliner Barrikadenkämpfer gesehen hätte, von der Geschichte verjagt wurde.

Nun also wird, tatatata, Geschichte gemacht und der Platz vor dem Brandenburger Tor zum Platz des 18. März umbenannt. Erstmals in Berlin werden damit „Aufständische“, wie sich der CDU-Abgeordnete Michael Braun erschreckt, an einem zentralen Ort geehrt, obwohl streng genommen eigentlich der Schlossplatz hätte umbenannt werden müssen. Dort standen die Barrikaden, dort musste der König gesenkten Hauptes am Volk vorbeimarschieren.

Sei’s drum. Warum den Blick nach hinten richten, wo es doch auch um Geschichten geht, die noch zu machen sind? Und da hat genannter Michael Braun mit dem ihm eigenen Spürsinn den Kern der Geschichte erkannt. Wie soll, so verlautet der, Innensenator Eckart Werthebach am Brandenburger Tor eine demonstrationsfreie Zone erlassen können, wenn dort höchstoffiziell der Berliner Barrikadenkämpfer gedacht wird?

Selbst das Argument, dass am vergangenen Samstag auf eben der Seite des Brandenburger Tores, die nun umbenannt wird, die Nazis mit ihren Stiefeln trampelten, taugt nicht zum Beweis des Gegenteils. Schließlich hat am selben Tag eine zehnmal größere Menge die Verhältnisse wieder gerade gerückt – und das nicht im Parlament oder mit einer Verbotsverfügung des Innensenators, sondern am Brandenburger Tor.

Brauns Befürchtung soll uns also historischer Ansporn sein. Vielleicht dauert es ja nur noch weitere 22 Jahre, bis einmal ein Berliner Innensenator gesenkten Hauptes am „Platz des 18. März“ vormarschiert und sich für das Obrigkeitsgebaren seiner Vorgänger entschuldigen muss. UWE RADA

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