Betr.: Berliner Volkskämmerer

Markus Meckel gründete die Ost-SPD und war letzter Außenminister der DDR

Eine namentliche Abstimmung ist angesetzt, hunderte würdiger Damen und Herren hasten in den Plenarsaal des Reichstags. Und doch erkennt man ihn im Menschengewühl sofort: am Vollbart. Wie damals, als sein Bart so gar nicht in die glatt rasierte Umgebung passen wollte, sticht er heraus: Markus Meckel, letzter Außenminister der DDR.

Vor genau einem Jahrzehnt begann für ihn das Leben als Berufspolitiker in der Volkskammer. Ohne dieses erste frei gewählte Parlament hätte es keine deutsche Einheit gegeben, betont er. Nicht Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) habe damals allein die Wiedervereinigung herbeigeführt, wie es die Union gern glauben machen wolle. Die Beitrittsentscheidung habe die Volkskammer getroffen: Die Ostdeutschen konnten also „erhobenen Hauptes“ in die Einheit gehen, sagt Meckel pathetisch.

In solchen Momenten bricht seine Herkunft durch. Als Sohn eines Pastors geboren, wurde er Ende der 60er-Jahre von der Schule verwiesen, weil er sich nicht an den sozialistischen Comment halten wollte. Er studierte Theologie und wurde 1982 Pfarrer. Mit einem Studienfreund gründete er im Oktober 1989 die Ost-SPD, die von den Westgenossen im Wendeherbst gefördert wurde. Meckel wurde Vizechef der Partei. Die Sozialdemokraten schnitten bei den Volkskammerwahlen überraschend schwach ab. Doch Meckel wurde DDR-Außenminister.

Ob er sich vorstellen könne, einmal wieder Pfarrer zu werden? Eine aktuelle Perspektive sei das nicht, sagt Meckel: „Ich bin Parlamentarier mit Leidenschaft, das kann man wohl sagen.“ Dann muss er zur Abstimmung. Es geht um einen Antrag der PDS, der die zehn Jahre des Vereinigungsprozesses kritisiert. Der Antrag schmiert mit überwältigender Mehrheit ab.

PHILIPP GESSLER