zahl der woche
: Wir haben den Frühling vernommen

GÄRTNER, HÖRT DIE SIGNALE!

Knatternde Motoren und surrende Turbinen sind ein untrügliches Zeichen: Die Saison in deutschen Vor- und Kleingärten hat begonnen. Lange vorbei sind die Zeiten, als es noch ein kaum wahrnehmbarer Harfenton war, der den Dichter verzückt ausrufen ließ: „Frühling, ja du bist’s! Dich hab ich vernommen!“ Heute kündigt sich die Jahreszeit mit der Lautstärke startender Düsenjets an. Und bei dem Band, das durch die Lüfte flattert, handelt es sich nicht selten um benzolgetränkte Abgasschwaden.

Für fast jede Gartenarbeit hält der nächste Baumarkt mittlerweile eine mit Strom oder Benzin angetriebene Lösung bereit. Nach Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände warten in dieser Saison in Deutschland allein mehr als 3,5 Millionen Gartengeräte mit Verbrennungsmotor auf ihren Einsatz. Dabei stößt ein Rasenmäher mit Viertaktmotor beispielsweise pro Arbeitsstunde 26-mal mehr Kohlenwasserstoff aus als ein Pkw mit geregeltem Katalysator. Ein Zweitaktmotor bringt es sogar auf den hundertfachen Kohlenwasserstoffausstoß und die sechshundertfache Menge Benzol.

Wo früher ein Strohhut angenehme Kühlung verschaffte und notfalls eine Sonnenbrille reichte, um die Gartenarbeit zu einer erholsamen Freizeitbeschäftigung zu machen, erscheint der moderne Hobbygärtner mit obligatorischer Schutzbrille, Gehörschutz und manchmal sogar mit Schutzhelm. In der Pole-Position seines Maschinenparks: der Vertikulierer, der seine Messer mit der Kraft von 1.500 Watt in den Rasen hackt und damit auch den letzten Maulwurf, der bis dahin allen Nachstellungen erfolgreich widerstanden hat, unsanft aus seiner Winterruhe aufschreckt und in Panik das Weite suchen lässt.

Wenn die ersten Grashalme dank optimaler Bodenlüftung alsbald reichlich sprießen, holt Papa sein Lieblingsspielzeug, den 12 PS starken Aufsitzmäher, aus der Garage. Was der nicht schafft, erledigt der Benzin-Freischneider mit seinen dünnen Nylonpeitschen. Der besitzt zudem den Vorteil, dass er auch weiter entfernt wohnende Nachbarn über die Tätigkeit des Kleingärtners jederzeit auf dem Laufenden hält.

Wenn im Laufe des Jahres der Garten unter dem Wildwuchs von Buschwerk und Ästen zu ersticken droht, schlägt die Stunde der Häcksler. Diese akustischen Foltergeräte, die Zweige zu kompostierbaren Häppchen zerkleinern, überschreiten mit einem Betriebsgeräusch von zum Teil weit über 100 Dezibel deutlich die Schmerzgrenze. Selbst die so genannten Leisehäcksler liegen mit rund 85 Dezibel noch deutlich über dem Fahrgeräusch eines Personenkraftwagens. Und wer will den schon in seinem Garten haben?

Mit diesem Geräuschpegel kann der Laubsauger bequem konkurrieren. Um die lästigen Blätter, die im Herbst auf den frisch gemähten Rasen fallen, gründlich zu entfernen, greifen immer mehr Ordnungsfanatiker zum motorisierten Saugrüssel samt anhängendem Laubsack. Echte Gartenprofis lassen sich diesen Spaß auch nicht von Umweltschützern wie dem BUND vermiesen, die den Einsatz von Laubsaugern nicht nur wegen des Krachs und der Abgase kritisieren, sondern vor allem, weil sie die bodennahe Flora und Fauna zerstören.

Erst wenn das letzte Blatt vom Weg entfernt, der letzte Ast zerkleinert und das letzte Unkraut vernichtet ist, wird endlich wieder winterliche Ruhe einkehren. Eine Zeit der Erholung für Natur und Mensch. Es sei denn, Letzterer nennt den Aufsitzmäher Fleurelle AM 1201 sein eigen. Der kann nämlich mit Schneeketten und -schieber für den Wintereinsatz umgerüstet werden. MATHIAS THURM