BSE-Boykott fällt

Bundesrat folgt EU-Kommission: Rindfleisch aus Großbritannien darf wieder eingeführt werden. Obligatorische Tests fehlen weiterhin

BERLIN taz/dpa ■ Der Bundesrat hob gestern das deutsche Importverbot für britisches Rindfleisch auf – gegen die Stimmen von vier unionsgeführten Ländern und Nordrhein-Westfalen. Damit kann ab April erstmals seit vier Jahren wieder britisches Rindfleisch in Deutschland verkauft werden – jedoch nur mit besonderer Kennzeichnung, den Buchstaben „XEL“ auf der Verpackung. Ebenso Talg, Aminosäuren oder Peptide. Einzig Frankreich hält damit den Importstopp aufrecht, wird deswegen jedoch bereits von der EU-Kommission verklagt.

„Die deutschen Länder haben unsere Argumente gehört und verstanden“, erklärte EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne am Freitag in Brüssel. In deutlicher Form mahnte Byrne zugleich, die von der Kommission erlassenen Schlachtvorschriften umgehend umzusetzen. Deutschland gehört zu den EU-Staaten, die die Bestimmung bislang nicht anwenden mit dem Hinweis, dass sie BSE-frei seien. Demnach müssen beim Schlachten so genannte Risikomaterialien wie Hirn und Rückenmark entfernt werden.

Großbritannien gilt als das Mutterland der Bovinen Spongiformen Encephalopathie, kurz BSE oder Rinderwahn genannt. Von 1988 bis heute starben in Großbritannien über 175.000 Rinder an BSE oder wurden nach den ersten Sympotomen geschlachtet. Das Beunruhigende: Eine Übertragung auf den Menschen gilt in Form einer neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nvCJD) als sicher, 51 Menschen sind auf der Insel bisher an nvCJD gestorben.

Trotz Massenschlachtungen ist BSE in Großbritannien noch nicht besiegt. Die Zahl der jährlich festgestellten Fälle sinkt, lag aber noch bei gut 2.600 im vergangenen Jahr. Die gestern überstimmte Länderministerin Bärbel Höhn (Grüne) aus Nordrhein-Westfalen kritisierte denn auch den Beschluss als einen „Feldversuch an der Bevölkerung“.

Als einziges Land weltweit testet die ebenfalls mit einem EU-Importstopp belegte Schweiz seit dem 1. März 1999 alle verendeten und wegen einer Krankheit geschlachteten Rinder auf BSE. Seitdem findet sie deutlich mehr BSE-kranke Rinder als vorher – 50 Fälle im Jahr 1999. Andere Länder ohne Importverbot haben keine Tests, aber trotzdem höhere Zahlen als die Schweiz: Irland, Frankreich und vor allem Portugal. REM

Infos im Netz: http://mad-cow.org , www.oie.int/Status/A_bse.htm, www.admin.ch/bvet