Coole Kids in Oldenburg

■ Die Grundschule Hogenkamp startet in die Antarktis – per E-Mail und persönlichem Kontakt zu einer Wissenschaftlerin vor Ort / Resultat: Hochmotivierte SchülerInnen

„Ist der Gletscher da bei euch groß? Hast du schon Pinguine gesehen? Was hast du in der letzten Zeit so gelernt? Wir die vier Fälle.“

Mit dem Ein-Finger-System tippt die zehnjährige Marielena die ersten Fragen in den Computer. Ihre Schulkameraden sehen gebannt zu. Dann ist Jonas dran. Letzte Korrekturen, fertig. Jetzt kommt der große Augenblick. Eva darf die E-Mail abschicken. Ein Klick mit der Maus, Nachricht versendet.

Sie geht ans andere Ende der Welt, an die Luftchemikerin Dr. Astrid Löwe. Seit Januar arbeitet die Mitarbeiterin des Alfred-Wegener-Instituts auf der Neumeyer-Forschungsstation in der Antarktis. Vor ihrer Abreise war sie zu Gast an der Oldenburger Grundschule am Hogenkamp, erzählte den Kindern von ihrer bevorstehenden Forschungsarbeit. Seitdem ist an der Schule das Antarktis-Fieber ausgebrochen. Sogar eine Antarktis-AG hat sich gebildet. Begeistert sammeln die Schüler alles, was sie zu dem Thema finden können. Und sie haben viele Fragen an die Forscherin. Um die loszuwerden, gab es nur eine Möglichkeit – ein E-Mail Anschluss musste her. Der aber ist in der Ausstattung von Grundschulen nicht vorgesehen.

Für die Schule war das kein Hinderungsgrund. Sponsoren wurden gefunden, die nötige Hard- und Software angeschafft. Jetzt war Premiere, die Kids gingen online. Seitdem forschen sie auch selbst – im Internet. Sie informieren sich auf der Homepage des Alfred-Wegener-Instituts, laden sich Bilder von Pinguinen und Gletschern auf den Bildschirm.

Für die Schulleiterin Hilke Knolle bietet der Antarktis-Kontakt die Gelegenheit, die Schüler mit den neuen Technologien vertraut zu machen. „Je früher, desto besser“, meint sie. „Der Computer muss zu einem ganz normalen Arbeitsmittel werden, mit dem man umgeht wie mit einem Füller. Und da ist es wichtig, dass an Inhalten geübt wird, die für die Kinder auch wichtig und spannend sind.“

Nicht nur den Einzug der neuen Medien in die Hogenkampschule hat das Projekt zur Folge, auch der Unterricht wird ganz neu gestaltet. Kein Fach, das nicht vom Thema Antarktis berührt wird. Da werden im Deutschunterricht Pinguingedichte geschrieben und Pinguinlieder im Musikunterricht. Sogar eher trockene Fächer wie Mathe lassen sich arktisch aufmöbeln. Die Eisdicke auf dem Schulhof wird gemessen und mit der in der Antarktis verglichen. Und das Rechnen mit Gewichten macht sogar Mathemuffeln Spaß, wenn sie das Gewicht eines Pinguin-Eis mit dem eines Hühner-Eis vergleichen. „Wir haben uns natürlich sehr gefreut, anhand eines solchen Projekts Unterricht ganz neu zu gestalten, Themen, die wir hier haben, mit Themen aus dem Antarktis-Bereich zu verbinden,“ sagt Anna Hobusch, die die AG leitet. Der persönliche Kontakt in die Antarktis macht den Unterrichtsstoff für die Kinder greifbar und spannend. Und er beeinflusst ihr Lernverhalten. „Sie arbeiten von sich aus zielgerichtet auf ein Thema hin, empfinden es nicht als vorgegeben und sind viel motivierter, Dinge anzugehen. Und sie behalten das, was sie sich selbst angeeignet haben, wesentlich besser“, so Hobusch.

Welche Auswirkungen das neue Lernen auf die Lernerfolge der Kinder hat, soll jetzt auch wissenschaftlich untersucht werden. Der Oldenburger Pädagogik-Professor Hilbert Meyer betreibt seit langem die so genannte Teamforschung. Dabei wirken Lehrer in Uni-Seminaren mit und die Studierenden gehen in die Schulen. Sie bekommen Einblick in die Praxis und erforschen gemeinsam mit den Lehrern neue Methoden des Unterrichts. Und da ist die Hogenkampschule besonders interessant. „Vor allem, dass die Arbeit mit dem Internet und mit E-Mail jetzt auch in der Grundschule angekommen ist, ist neu“, so Meyer. „Da muss man sehen, welche Probleme ergeben sich. Man muss überlegen, wie das Ganze in der Grundschule funktioniert.“

Noch steht das Projekt am Anfang. Aber was immer die Teamforschung ergibt, für Eva aus der Antarktis-AG steht jetzt schon fest: Es funktioniert. „Das ist ein schöner, spannender Unterricht, das macht viel mehr Spaß, wenn man da im Internet was sieht, dann kann man sich das viel besser vorstellen“, findet sie. Und Malte freut sich schon auf die Antworten von Astrid Löwe. „Wenn der Lehrer an die Tafel schreibt, in der Antarktis ist es ganz toll, da lernt man eher weniger, als wenn man das von jemand erfährt, der da ist. Denn die Lehrer, die sind da ja eher weniger, in der Antarktis.“ Kristin Hunfeld