Des Gefangenen neue Kleider

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter in Berlin und Brandenburg fordert „markante“ Kleidungfür Gefängnisinsassen. Damit soll die Flucht erschwert und das Einfangen erleichtert werden

von BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA

Häufig heißt es nach der Flucht eines Gefängnisinsassen: Bisher keine Hinweise aus der Bevölkerung. Das soll sich jetzt ändern – zumindest wenn es nach dem Brandenburger Landesverband des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) geht. Damit Gefangene deutlicher als solche zu erkennen sind, fordert der BDK eine „markantere Anstaltskleidung“, die deutlich von der Alltagskleidung zu unterscheiden ist.

Der Brandenburger BDK-Landeschef, Wolfgang Bauch, sagte gestern gegenüber der taz, dass dadurch „Fluchtanreize für spontane Entschlüsse“ vermindert werden könnten. Bauch wies jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es nicht darum gehe, die Gefangenen in schwarzweiß gestreifte Kleidung zu stecken, wie Bild gestern schrieb oder zu „stigmatisieren“. Doch mit der derzeitigen Anstaltskleidung – graue Hose und dunkelblauer Pulli – sei es leicht, sich unerkannt außerhalb der Gefängnismauern zu bewegen. Außerdem müssten die Sicherheit der Brandenburger Gefängnisse und die Ausbildung des Personals verbessert werden. Über die Hälfte der Ausbrüche gehen auf Fehlverhalten des Anstaltspersonals zurück. Die letzte Flucht eines Gefangenen in Brandenburg, die sich am vergangenen Freitag ereignete und aktueller Aufhänger der Kleiderdiskussion ist, geht wahrscheinlich auch auf das Konto von Justizbediensteten. Ein Untersuchungsgefangener floh auf dem Weg in ein Potsdamer Krankenhaus, auf dem er von drei Bediensteten begleitet wurde, durch ein Toilettenfenster. Der Brandenburger Justizminister prüft die Aufnahme eines Disziplinarverfahrens.

Beim Landeskriminalamt (LKA) in Brandenburg stößt die Forderung nach markanter Kleidung nicht auf taube Ohren. „Das ist ein sehr interessanter Vorschlag, den man tatsächlich diskutieren sollte“, sagte LKA-Sprecher Peter Salender. Doch Salender gibt auch zu bedenken, dass eine besondere Kleidung „Anschlusskriminalität“ provoziere. Bei dem Versuch, sich andere Kleidung zu besorgen, wachse die Gefahr für unbeteiligte Bürger, beraubt oder überfallen zu werden.

Ein Argument, das die Vorsitzende des Berliner BDK-Landesverbandes, Heike Rudat, nicht überzeugt. „Auch Gefangene, die jetzt entweichen, brauchen Geld oder Fahrzeuge“, sagt sie. Rudat, die auffälligere Anstaltskleidung als „psychologische Hemmschwelle“ begrüßen würde, will demnächst Justizstaatssekretär Diethard Rauskolb den „Vorschlag zur inneren Sicherheit“ unterbreiten. Justizpressesprecher Karsten Ziegler lehnte die Idee bereits gestern ab. „Das wäre ein Rückfall in alte DDR-Zeiten, und zudem wird die Effizienz bezweifelt.“