Wieder weniger Delikte

CDU-Innensenator stellt die Kriminalstatistik für 1999 vor. Opposition zweifelt am Rückgang der Straftaten

Die Kriminalität in Berlin ist im dritten Jahr in Folge zurückgegangen. Das geht aus der Kriminalstatistik hervor, die Innensenator Eckart Werthebach (CDU) gestern dem Innenausschuss des Abgeordnetenhauses vorgelegt hat. Demnach erfasste die Polizei im vergangenen Jahr fast 14.000 Straftaten weniger als 1998, aber immer noch 572.553.

Laut Werthebachs Statistik haben Straßen-, Gewalt-, Diebstahl- und Wirtschaftskriminalität deutlich abgenommen. Zudem gab es weniger Tatverdächtige unter 21 Jahren, also Kinder und Jugendliche, die straffällig geworden sind. Auch die Zahl der politisch motivierten Straftaten sowie der Rauschgiftdelikte war rückläufig, haben die Polizeistatistiker ermittelt. Beim Taschendiebstahl registierte die Polizei mit 16.732 Fällen die geringste Zahl seit 1993, und auch die Menge der Wohnungseinbrüche war zum letzten Mal 1991 so hoch: Es wurden 11.940 Fälle erfasst, 1.403 weniger als im Vorjahr.

Dagegen nahmen die Vermögens- und Fälschungsdelikte zu. Die Organisierte Kriminalität hat sich nach Werthebachs Auskunft auf hohem Niveau stabilisiert. Die Zahl der erfassten Vergewaltigungen stieg sogar um 23 Prozent auf 678 Fälle; dies sei der Tatsache geschuldet, dass auch der sexuelle Missbrauch durch den Ehemann seit April 1998 unter Strafe steht, erklärte Polizeipräsident Hagen Saberschinsky.

Von der Opposition wurden jedoch die vom Senator als Erfolg seiner Arbeit gewerteten Zahlen anders interpretiert. Der bündnisgrüne Fraktionsvorsitzende Wolgang Wieland bezweifelte, dass der sprunghafte Anstieg der erfassten Vergewaltigungen an der relativ neuen Sanktionierung des Vergehens liege. Auch der Rückgang der Kriminalitätszahlen habe andere Gründe. Wieland meint, er liege an einer verringerten Kontrollaktivität der Polizei. So habe etwa die Überwachung mutmaßlicher Umweltstraftäter nachgelassen.

Auch die Gewerkschaft der Polizei ist der Ansicht, die Polizisten kämen wegen Arbeitsüberlastung im Zuge des Personalabbaus nicht mehr dazu, Straftaten zu erkennen und aufzudecken. Die PDS kritisierte im Innenausschuss, dass bei der Zahl der tatverdächtigen Ausländer zu wenig die Umstände berücksichtigt seien, die manche von ihnen in die Kriminalität treibe – etwa die Erwerbslosigkeit bei lediglich geduldeten Flüchtlingen.

Einhellig begrüßt wurde von Vertretern aller Parteien der Rückgang der rechtsextremistisch motivierten Straftaten. Während jedoch der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Roland Gewalt, betonte, „in Berlin findet der Rechtsextremismus keinen Boden für seine strafbaren Handlungen“, warnten Werthebach und die Opposition davor, auf diesem Feld „Entwarnung“ zu geben.

PHILIPP GESSLER