Infame Verharmlosung

betr.: „Papst: Mea minima culpa“, taz vom 13. 3. 00

Sie haben Kirche und Papst sehr zahm und glimpflich davonkommen lassen. Festzuhalten ist doch wohl Folgendes:

1. Das „Mea culpa“ ist keine Ex-cathedra-Verkündigung, keine „unfehlbare Glaubensentscheidung“ und insofern unverbindlich. Alle päpstlichen Bullen und Dekrete (über 100!) gegen die Juden – selbst die Hexenbulle von Innozenz VIII. vom 4. 12. 1484 – wurden nie aufgehoben oder widerrufen; sie sollen lediglich unter Wojtyla nicht mehr angewendet werden.

2. Formal wendet sich der Papst nicht etwa an die Nachfahren und Zugehörigen der Betroffenen mit seiner Bitte um Vergebung, sondern an Gott und Jeses Christus, wobei er vor allem Erbarmen und Vergebung für die Kirche und einige Christen bittet, die „mitunter“ und „manchmal“ „in mancher Art“ Schuld auf sich geladen haben, und vertuscht damit mit infamer Verharmlosung die ungeheuren Verbrechen der Kirche (und Päpste!) an Juden, so genannten Hexen und Zauberern, Ketzern und anderen diffamierten Personengruppen, an deren Grund und Boden, Gebäuden und Vermögen sich die Kirche über Jahrhundert hin im Wege des Raubes unermesslich bereichert hat.

3. Grundlage für diese Verbrechen war und ist der nie widerrufene Teufelsglaube zusammen mit dem Unfehlbarkeitswahn (Lenkung der Päpste durch den Heiligen Geist, der Irrtumslosigkeit bewirkt). Das ist nie widerrufen worden.

4. Zu fordern sind eine auf Kosten der Kirche durchzuführende Durchforstung aller Archive, die Urteile aus Hexenprozessen und Inquisitionsverfahren enthalten, die Festellung, was von den Gemarterten und Hingerichteten zu Gunsten der Kirche enteignet wurde, und die Rückerstattung an mögliche Nachfahren oder den Fiskus zu Gunsten der Allgemeinheit.

5. Einzustellen sind die Reparationszahlungen des Staates in Millionen- und Milliardenhöhe an die Kirchen aus der Zeit der Säkularisierung.

6. Das seit langem geforderte Mahnmal für die Millionen Opfer der Kirche ist auf Kosten der Kirche endlich zu errichten.

RAINER SCHAPPER, Münster