Der erzwungene Weltuntergang

Die Sektenführer hatten für Ende 1999 die Apokalypse prophezeit. Als die nicht kam, ging nun die Kirche mit hunderten von Menschen in Flammen auf

aus Kanungu FELIX BASIIMEund PATSON BAREIRE

Es hat den ganzen Tag geregnet, aber aus den Resten der Mauern steigt noch immer Rauch auf. In der ausgebrannten Ruine liegen verkohlte Leichen in einem Haufen von Asche. Die Leichen liegen alle gedrängt an der Seite des Gebäudes, so als hätten die Menschen versucht, den Flammen zu entkommen. Zwei tote Männer, weniger verbrannt als die Übrigen, liegen auf der anderen Seite nahe der zugenagelten Tür. Das, vermutet die Polizei, waren die Brandstifter, die am vergangenen Freitag hunderte von Sektenmitgliedern der „Bewegung für die Wiedereinsetzung der Zehn Gebote Gottes“ töteten.

Didas Rutemba erinnert sich noch ganz genau, was am Freitag früh in dem Dorf Kanungu geschah. Als er in seinem Garten grub, hörte der Bauer einen Knall von der nahen Kirchenhalle und sah eine riesige Rauchwolke aufsteigen. „Die Leute schrieen um Hilfe“, sagte ein Polizeisprecher. Die einzige Tür war mit Brettern zugenagelt.

Kanungu ist das Hauptquartier der Sekte, die Anhänger in mehreren Orten im Westen Ugandas zählt, außerdem in der Hauptstadt Kampala und im Nachbarland Ruanda. Dorfbewohner berichten, die Sektenführer hätten ihren Anhängern vor einer Woche einen Brief geschrieben, sie sollten am 17. März nach Kanungu fahren, „um die Jungfrau Maria zu treffen“.

Drei Tage vor der Tat verkaufte die Sekte zehn Kühe ihrer Farm zu Schleuderpreisen. Die zur Sekte gehörenden Händler verramschten ihre Ware schon vor einer Woche. Dann wurden alle Würdenträger der Gegend zu einem Fest eingeladen – am Samstag um halb zehn. Aber am Tag davor zündeten sie sich an.

Die Katastrophe fand nicht in der neuen Kirche der Sekte statt – diese lässt sich nicht verriegeln –, sondern in der alten. Zum Gottesdienst brachten die Teilnehmer Brot und Erfrischungsgetränke mit. Die Sektenführer kauften vier Kanister Benzin.

Steven Bangumya, Priester und stellvertretender Ratsvorsitzender von Kanungu, sagt, der „Genozid“ sei geplant gewesen. „Ich glaube nicht an Selbstmord“, meint er. „Einige der Führer könnten das geplant haben, nachdem sie ihre vorherigen Ziele nicht erreichten. Ende 1999 hatten sie gesagt, dass die Welt untergeht.“

Zu den Opfern gehören vier Polizisten aus Kampala und Clara Bamuturaki, die Mutter des bekanntesten Computerprogrammierers von Uganda, Justin Beyendeza. Er berichtet, dass seine Mutter wegen einer ärztlichen Behandlung zwei Jahre lang bei ihm in der Hauptstadt wohnte. Erst vor zwei Wochen sei sie aufs Land zurückgekehrt. „Sie war in sehr guter Stimmung“, sagt er.

In Kanungu sammeln sich die Hinterbliebenen. Bamutoraine Bangester, die 15 Verwandte verloren hat, sitzt auf einem Geländewagen und weint. Andere suchen bei den zur Unkenntlichkeit verbrannten Leichen nach Identifizierungsmerkmalen.

Die Polizei hat derweil in einer zementierten Grube weitere Leichen entdeckt; offenbar Sekenmitglieder, die bereits vor dem Brand vergiftet wurden.