strieder und die u-bahn
: SANDKASTEN? NEIN DANKE!

Es geschehen noch Zeichen und Wunder, selbst bei Peter Strieder. Mit dem Horrorszenario, das er gestern seinen Senatskollegen vorgestellt hat, hat der Bausenator nicht nur seine Ablehnung des Baus der Kanzler-U-Bahn bekräftigt. Auch seiner Fraktion, die sich noch tags zuvor für den Bau der umstrittenen U 5 ausgesprochen hat, hat der Supersenator die Leviten gelesen. Man muss wohl sagen: Strieder hat begriffen.

Hat Strieder begriffen? Einen Vorgeschmack auf den Bau-GAU Unter den Linden hatten ja schon die Lamenti von Peter Dussmann und der Geschäftsführung der Galeries Lafayette geliefert. Deren Drohung abzuwandern versprach jedenfalls nichts Gutes. Angesichts einer Jahre dauernden Baugrube an der Lindenkreuzung, Lastwagenkolonnen am Schloßplatz oder eines Hindernisparcours vorm Adlon würde eine Live-Sendung des SFB die nächste jagen, und B 1-Reporter Ulli Zelle hätte seine tägliche Interviewdosis Peter Strieder sicher. Und dann noch die Presse im Ausland. Der Pariser Platz fertig, der Potsdamer Platz sowieso und Unter den Linden wieder Buddeln wie annowendemals. Sandkastensenator wäre da noch das netteste Wort. Selbst für einen Peter Strieder wäre das zu viel des Guten.

Was dem Bausenator recht ist, muss dem Rest seiner Partei freilich noch nicht billig sein. Im Zuge der in jüngster Zeit ohnehin grassierenden Harmoniesucht gegenüber der CDU hat sich nicht nur die Fraktion, sondern auch der sozialdemokratosche Verkehrsexperte Christian Gaebler, ansonsten linker Gegenspieler zu den Mitspielern im Senat, für den Bau der Linie stark gemacht – des Modal Splits wegen, der ohne eine U-Bahn unter den Linden angeblich nicht zu erreichen sei.

Damit steht der Widerstand gegen die Kanzler-U-Bahn auf ganz tönernen Füßen, nämlich denen eines Bausenators. Denn der agiert wohl doch weniger als Überzeugungstäter, sondern aus Angst vor dem Ruf als Buddelkapitän. Eigentlich, so sollte man meinen, müssten verkehrspolitische Grundsatzentscheidungen nach anderen Kriterien getroffen werden. UWE RADA