: Duldung weiterhin geduldet
Ausländer mit ungeklärter nationaler Identität können immer noch eine Duldung erhalten, hat das Bundesverwaltungsgericht gestern entschieden
FREIBURG taz ■ Auch Ausländer mit ungeklärter Herkunft können in Deutschland eine Duldung erhalten. Dies entschied gestern das Bundesverwaltungsgericht in Berlin. Eine anderslautendes Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes wurde aufgehoben.
Anlass zu dieser Entscheidung bot der Fall eines Mannes, der nach eigenen Angaben aus Bhutan, einem kleinen Königreich südlich von China, kommt. Er war 1995 nach Deutschland eingereist und hatte anschließend erfolglos Asyl beantragt. Als der Mann abgeschoben werden sollte, scheiterte dies jedoch an den bhutanischen Behörden, die ihn eher für einen nepalesischen Staatsbürger halten wollten. Normalerweise können Flüchtlinge im Falle einer faktisch unmöglichen Abschiebung eine jeweils auf sechs Monate befristete Duldung erhalten. Die bayerischen Behörden verweigerten dies jedoch dem „Bhutaner“ und anderen Flüchtlingen mit ungeklärter Identität und stellten lediglich Grenzübertrittsbescheinigungen aus. Diese Bescheinigung besagt, dass die Person noch bis zur kurz bevorstehenden Ausreise im Land bleiben kann. Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums wurde allerdings die Sozialhilfe nicht verweigert.
Wie ein Sprecher des Ministeriums erklärte, sollten die Flüchtlinge mit dieser Praxis an ihre „Mitwirkungspflicht“ erinnert werden. Das Verfahren sei immer angewandt worden, wenn ein Flüchtling keine Bemühungen unternommen habe, einen Pass zu bekommen, der seine Abschiebung ermöglicht.
Nachdem die bayerischen Verwaltungsgerichte diese Praxis akzeptierten, hat das Bundesverwaltungsgericht dem nun einen Riegel vorgeschoben. Nach seiner Rechtsauffassung lässt das Ausländergesetz keinen Raum für einen ungeregelten Aufenthalt. Es geht vielmehr davon aus, dass ein ausreisepflichtiger Ausländer entweder abgeschoben wird oder eine Duldung erhält. Es könne nach der derzeitigen Rechtslage nicht dem Ausländer angelastet werden, wenn Maßnahmen zur Identitätsfeststellung – das können Gespräche mit Dialektexperten des vermuteten Heimatlandes sein – nicht zum Erfolg geführt haben.
Die Entscheidung hat bundesweite Bedeutung: Andere Länder wären sicher der bayerischen Praxis gefolgt, hätte diese gerichtlich Bestand gehabt. Nach Schätzungen aus Bayern sind bundesweit einige tausend Flüchtlinge in einer derart ungeklärten Situation. CHRISTIAN RATH
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