Nach uns die Sintflut

Zum heutigen „Tag des Wassers“ will das Weltwasserforum in Den Haag per Resolution der weltweiten Wasserknappheit entgegentreten. Umweltschützern ist das Papier zu dürr

BERLIN taz/epd ■ Jeder fünfte Mensch ist laut UN ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Jeder zwanzigste Todesfall geht laut WHO auf Diarrhöe zurück – ausgelöst zumeist durch infiziertes Wasser. Betroffen sind vor allem die Entwicklungsländer. Schon im Jahr 2025 könnte ein Drittel der Menschheit unter akutem Wassermangel leiden, fürchten Experten. Ein globales Problem, denn das Süßwasser ist ungleich über den Globus verteilt.

Heute will deshalb eine internationale Ministerkonferenz, das Weltwasserforum in Den Haag, eine Resolution zum von den Vereinten Nationen ausgerufenen „Tag des Wassers“ beschließen. Doch schon der Entwurf geriet gestern in die Kritik: Umweltschützer klagen über die weichen Formulierungen. Konkrete Ziele sind bislang nicht vorgesehen, sollen laut Papier aber immerhin bis 2002 erarbeitet werden.

Doch das dauert Kritikern, wie dem ehemaligen niederländischen Regierungschef und Präsidenten des Welt-Naturfonds, Ruud Lubbers, zu lang. Er forderte eine Halbierung der Wasserverschmutzung durch die Landwirtschaft bis 2025 und eine Senkung des Verbrauchs der Großstädte um 15 Prozent.

Ausgerechnet eine der wenigen konkreten Empfehlungen, nämlich eine Privatisierung der Wasserversorgung weltweit, missfällt den Umweltschützern. Dies gehe auf Kosten der Armen, wenn so Subventionen abgebaut würden, und gefährde die Qualität. Im taz-Interview erklärt Riccardo Petrella, der Präsident der Europäischen Umweltuniversität, der Zugang zum Wasser sei ein Grundrecht. „Wenn auch das Notwendigste zur Ware wird, dann wird unsere Gesellschaft durch nichts mehr zusammengehalten.“ Der Vorsitzende der Weltwasserkommission, Ismail Serageldin, widerspricht: „Wasser ist ein Grundrecht, genau wie Nahrung, aber auch Nahrung kauft man von Unternehmen.“

Auch aus den deutschen Regierungsfraktionen regte sich gestern Kritik an einer Privatisierung, wie sie sich Wirtschaftsminister Werner Müller wünscht. Anders als bei der Liberalisierung von Strom oder Post gibt es hier keine EU-Vorgaben. Müller will die Gebietsmonopole der 6.600 kommunalen Wasserversorger abschaffen. So sollen Preise gedrückt und die deutsche Wasserwirtschaft international konkurrenzfähig gemacht werden.

Die SPD-Fraktion ist davon noch nicht überzeugt. In einem Positionspapier, das gestern der Abgeordnete Hubertus Heil vorstellte, wird zwar eine effizientere Wasserversorgung gefordert, aber vor einem „Schnellschuss“ gewarnt. Die Liberalisierung dürfe nicht auf Kosten der Qualität gehen. Eine ortsnahe Versorgung solle Vorrang haben vor überregionalem Handel. Eine endgültige Haltung will die SPD bis Ende 2000 haben.

Auch der Grünen-Umweltpolitiker Winfried Hermann äußerte sich gestern skeptisch zur Privatisierung: „Wasser zur chemisch produzierten Einheitsware zu machen“ sei in der Grünen-Fraktion nicht durchsetzbar. Während in Deutschland noch diskutiert wird, ist die Schlacht um die besten Startplätze auf dem globalen Markt bereits in vollem Gange. MATTHIAS URBACH

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