Bittere Pille für Arbeitslose

■ Einem von drei Arbeitslosen-Zentren werden die Zuschüsse gestrichen

Diesmal ging es nicht nach dem Rasenmäher-Prinzip: Das Sozialressort hat geguckt, welches der drei großen Bremer Arbeitslosenberatungsbüros Kürzungen am ehesten wegstecken kann. Jetzt ist die Solidarische Hilfe dran: In diesem Jahr muss sie mit Kürzungen um 25 Prozent rechnen. Nächstes Jahr könnten die Zuschüsse von bisher 200.000 Mark ganz wegfallen, befürchtet die Geschäftsführerin Margot Müller.

Solche Kürzungen sind ein „direkter Angriff“ auf Arbeitslose und Sozialhilfe-Empfänger, erklärt der Beratungsanbieter Solidarische Hilfe: Jeder Bürger habe ein Recht, sich unabhängig von den Behörden informieren zu können. „Die Art von Beratung, die wir leisten, kann nicht vom Sozialamt geleistet werden“, meint auch Detlev Marzi vom Verein Arbeit und Zukunft.

Trotzdem ist der Arbeitslosenbereich überproportional von Ein-sparungen betroffen, kritisieren die Bremer Beratungsstellen. „Wenn man bei allen Beratungsstellen gleichermaßen gekürzt hätte, dann hätte man nirgendwo mehr richtig arbeiten können“, rechtfertigt Heidrun Ide, Sprecherin von Bremens Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD), das Vorgehen.

Die Arbeitslosen-Beratungs– zentren in den Stadtteilen Walle und Tenever sollen deshalb erhalten bleiben. Die Solidarische Hilfe kam dagegen ins Visier, weil der Träger mit seinen anderen Standbeinen – Beratung für Schuldner und ausländische Frauen – weiterleben kann. Außerdem gebe es in Bremen-Nord eine weitere Beratungsstelle.

Noch gibt sich die Solidarische Hilfe allerdings nicht geschlagen: „Wir kämpfen weiter“, erklärte Geschäftsführerin Margot Müller gegenüber der taz. Zur Not soll die Beratung auch ohne staatliche Mittel weiterlaufen. Aber wie das funktionieren soll, ist der Solidarischen Hilfe noch nicht ganz klar. „Ob wir das wirklich auf die Reihe kriegen, wissen wir nicht.“ Zum Beispiel muss die Beratungszeit überprüft werden. „Aber wir haben ein großes ehrenamtliches Potential“, hofft Müller.

Rund 4.000 Beratungsgespräche hat die Solidarische Hilfe 1999 in ihren Büros in Hemelingen und Bremen-Nord geführt, schätzt Müller. So viele könnten doch gar nicht von den anderen Zentren übernommen werden, kritisiert sie.

Bei den Arbeitslosenzentren in Walle und Tenever schüttelt man nur den Kopf: „Ich sehe große Probleme auf Tenever zukommen, wenn die Solidarische Hilfe schließen müsste“, sagt der ehemalige Berater Bernd Korten. Man sei dort schlicht am Rande der Kapazität. Auch im Stadtteil Walle werden im Jahr rund 4.000 Menschen beraten. Mehr sei kaum noch drin, meint Arbeitslosen-Berater Martin Lühr. Die Kürzungen seien insgesamt „eine bittere Pille.“

Neben der Öffentlichen Hand standen auch bei der Bremischen Evangelischen Kirche Einsparungen im Arbeitslosenbereich an. 35 Prozent der Gelder wurden in den letzten fünf Jahren eingespart.

Zuletzt musste in Walle eine Arbeitslosenberatung schließen – „das war der größte Einschnitt“, meint der evangelische Pastor Reinhard Jung. Für die Arbeitslosen, die die Kürzungen von Stadt und Kirche mitbekommen, sei die Situation katastrophal, sagt ein Mitarbeiter. pipe