Kuschelrock im Krisengebiet

Zwanghafte Zweisamkeit: Bruce Willis und Michelle Pfeiffer in Rob Reiners Ehedrama „An Deiner Seite“

Zehn Jahre nach seinem Videothekenhit „Harry und Sally“ setzt Rob Reiner noch mal da an, wo er damals aufgehört hat: auf dem Sofa. Während Harry und Sally aber immerhin dreizehn Jahre glücklicher Ehe zu vermelden hatten, setzen sich Ben und Katie nach fünfzehn Jahren, zwei Kindern und einem kosigen Eigenheim noch nicht einmal mehr gemeinsam vor die Kamera. Erst schwelgt Ben (Bruce Willis) in romantischen Klischees, dann stellt Katie (Michelle Pfeiffer) fest, dass ein Löffel irgendwann nur noch ein Löffel ist, was jeder verstehen mag, wie er will.

Von Anfang an sind damit aber drei Dinge klargestellt. Erstens ist sie die Realistin, er der Fantast. Zweitens ist dieser Film vielleicht gar keine romantische Komödie. Drittens befindet man sich in der unangenehmen Situation, unversehens in die Beziehungsprobleme eines Pärchens eingeweiht zu werden. Im Kino funktioniert das wie im richtigen Leben: Während sich die beiden gegenseitig beschuldigen, analysieren und eine goldene Vergangenheit beschwören, entsteht das Bild einer zwanghaften Zweisamkeit, in diesem Fall sogar gekrönt von einer Art Happy End.

Wenigstens ist nicht immer ganz klar, worauf der Film eigentlich hinauswill, weil Reiner hier freimütig Genres vermischt. Anders als in „Harry und Sally“ dienen die Interviews nicht bloß als Absatzmarken, sondern geben dem eingeblendeten Gezanke ein dokumentarisches Flair, was die Hoffnung auf eine glückliche Lösung zumindest in Schranken hält. Woody-Alleneske Szenen einer Ehe (mit allen vier Elternteilen zusammen im Bett oder auch das Best-of-Eheberater) eröffnen darüber hinaus ein weites Spektrum von absurden Möglichkeiten, die der Film dann aber doch nicht nutzt.

Dass sich schließlich ein abgehalfterter psychologischer Realismus behauptet, passt zu der fadenscheinigen Normalität, in der Kate und Ben zu Hause sind – einer Welt, in der sich die Familienmitglieder abends versammeln, um der Reihe nach die Hoch- und Tiefpunkte ihres Tages zu erzählen. In dieses Setting gehört auch die ständige Bedudelung durch Eric Clapton und Marc Shaiman, die von vorneherein nahe legt, dass dem Film nicht an einer Entromantisierung der Ehe gelegen sein kann: Wo eisiges Schweigen ist, soll offenbar Kuschelrock sein.

So hat Rob Reiner die versöhnliche Antithese zu „American Beauty“ gedreht, aber immerhin auch einen Film, der die amerikanischen Suburbs zum Krisengebiet erklärt. Denn die Frauen sind hier trotz Berufstätigkeit und Psychoanalyse immer noch so „unspontan“ (frigide), dass sich die ausgebremsten Männer nur in die Infantilität flüchten können.

Die andere Seite des Actionhelden ist eben das Kind im Manne, das hat gerade Bruce Willis durch seine verschiedenen Ausflüge in den Kinderfilm demonstriert (insbesondere als Mikey in „Kuck mal, wer da spricht“). Insofern braucht man sich um den Mann auch keine Sorgen zu machen. Der nächste Amoklauf kommt bestimmt. KERSTIN STOLT

„An Deiner Seite“. Regie: Rob Reiner. Mit Michelle Pfeiffer, Bruce Willis, Rob Reiner, Rita Wilson u. a. USA 1999, 94 Min.