Tabakindustrie gewinnt Gerichtsverfahren in USA

Regierung darf Verkauf von Zigaretten an Minderjährige nicht verbieten: Überschreitung der Kompetenzen bemängelt

WASHINGTON/BERLIN taz ■ Der höchste Gerichtshof der USA hat am Dienstag die Regierung zurückgepfiffen und der Tabakindustrie eine Atempause verschafft. Nun wird eine heftige Lobby-Kampagne im US-Kongress erwartet.

Die Richter des Supreme Court in Washington stoppten den Versuch der Regierung und ihrer Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration, den Verkauf von Tabakprodukten an Unter-18jährige einzuschränken beziehungsweise ganz zu verbieten. Auch die Werbung sollte eingeschränkt werden, Zigarettenautomaten für Minderjährige unzugänglich aufgestellt werden. Eventuell hätte sogar jeder Zigarettenverkäufer unter 27 Jahren eine Art Raucherpass tragen müssen, um überhaupt an die Suchtstengel zu kommen.

Das Gericht verbot nicht die Maßnahmen an sich, sondern bezweifelte die Kompetenz der Regierung, solche drastischen Maßnahmen zuerlassen. Das stehe allein dem Parlament zu.

Nun müssen Regierung oder Abgeordnete ein Gesetz einbringen. Ähnlich wie das Waffengesetz ist der Zigarettenrauch jedoch ein Thema, das von Interessengruppen aller Art heiß umkämpft wird. Schicksal und Umfang eines solchen Gesetzes sind also ungewiss. Laut der New York Times unterstützen amDienstag beide Präsidentschaftskandidaten, Al Gore und George Bush jr., Gesetze oder strikte Regelungen zum Tabakkonsum.

Die hohen Schadenersatzforderungen von Privatpersonen, Bundesstaaten und Zentralregierung an die Tabakkonzerne sind von dem Urteil nicht betroffen. Mit den Bundesstaaten haben sich die Konzerne bereits geeinigt, über 20 Jahre hinweg 246 Milliarden Dollar Entschädigung zu zahlen – für die erhöhten Kosten der öffentlichen Gesundheitssysteme durch Raucherkranke. rem