Den Frieden nicht gewollt

Der ehemalige Nato-General Naumann wirft dem Bündnis vor, den Kosovo-Krieg nicht mit allen Mitteln verhindert zu haben. Scharping weist die Kritik als „nachträgliche Rechthaberei“ zurück

BERLIN taz ■ Ein Jahr nach Beginn des Kosovo-Krieges hat Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping scharfe Angriffe gegen einen Chefplaner der Nato-Operation gerichtet. Der deutsche Nato-General Klaus Naumann zog sich den Zorn des Ministers zu, weil er der politischen Führung vorwirft, den Krieg nicht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert zu haben. Heute vor einem Jahr war mit der Ablehnung des Vertrages von Rambouillet durch die serbische Delegation die Suche nach einer friedlichen Lösung gescheitert, einen Tag später begannen die Nato-Luftangriffe. Scharping beschuldigte gestern den inzwischen pensionierten General der „nachträglichen Rechthaberei“.

Nach Naumanns Überzeugung hätte die Nato dem Regime von Slobodan Milošević mit dem Einsatz von Bodentruppen drohen sollen. Auch sei die Operation durch das Fehlen eines Mandats der Vereinten Nationen erschwert worden. „Wir sollten deshalb den Kosovo-Krieg nicht als ‚Mutter aller Krisenmanagement-Operationen‘ betrachten“, schrieb Naumann deshalb schon im vergangenen Oktober in einer Bilanz des Krieges. Naumann, der bis Mai 1999 Vorsitzender des Nato-Militärausschusses war, wiederholte seine Vorwürfe jetzt in einem Interview.

Fehler seien „in erster Linie beim Krisenmanagement“ gemacht worden, sagte Naumann dem Tagesspiegel. „Das primäre Ziel haben wir nicht erreicht: einen Waffengang zu verhindern.“ Ob die Drohung mit Bodentruppen Erfolg gehabt hätte, ließ er offen, „aber wir haben nicht alle Möglichkeiten genutzt“.

Scharping wies auch Vorwürfe des ehemaligen OSZE-Brigadegenerals Heinz Loquai zurück, er habe die Öffentlichkeit getäuscht, um die Luftangriffe zu rechtfertigen. In einem jetzt erschienenen Buch schreibt Loquai, der so genannte „Hufeisenplan“, den Scharping als Geheimplan Belgrads zur Vertreibung der Albaner präsentiert hatte, existiere wahrscheinlich nicht. Scharping dagegen beruft sich auf Geheimdienstquellen.

Kritisch äußerte sich Scharping zur westlichen Hilfe beim Wiederaufbau des Kosovo. Der Aufbau finde bei weitem nicht dasselbe Maß an Unterstützung wie die Nato-Operationen.

Für Frauen in der Bundeswehr, so versprach Scharping, werde es künftig„keine prinzipiellen Verwendungsausschlüsse“ mehr geben. Schwule beim Bund können womöglich demnächst von einem geplanten Verbot sexueller Diskriminierung profitieren.

PATRIK SCHWARZ

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