Doppel-Reichtum

■ Studie sagt: Fast alle türkischen Kinder haben bei Einschulung Deutschkenntnisse

Fast alle türkischen Kinder in Hamburg haben bereits Deutschkenntnisse, wenn sie in die Schule kommen. Das ist das Ergebnis einer Studie, in der zum ersten Mal in Deutschland die Zweisprachigkeit türkischer SchulanfängerInnen untersucht wurde. Die große Mehrheit der türkischen Eltern erkennt danach die Bedeutung der deutschen Sprache für ihre Kinder an – ohne jedoch dafür ihre Muttersprache zu verdrängen.

Die Untersuchung der Universität Koblenz-Landau, die an sieben Hamburger Grundschulen aus verschiedenen Stadtteilen vorgenommen wurde, zeigt aus Sicht von Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD): „Es muss zentrales Ziel sein, die lebensweltliche Zweisprachigkeit zu fördern.“ Und so wachsen die meisten türkischen Kinder in Hamburg auch auf: Zu Hause mit den Eltern wird überwiegend Türkisch gesprochen, trotzdem beherrschen die Kinder zumindest Grundlagen der deutschen Sprache, wenn sie eingeschult werden. Nach der Studie sprechen 56 Prozent der Kinder „sehr gutes bis ausreichendes Deutsch“, wie es der Leiter der Untersuchung, Prof. Hans Reich formuliert. Bei den anderen Kindern ist die deutsche Sprache zwar ein Problem, doch nur acht Prozent können zum Zeitpunkt der Einschulung fast gar kein Deutsch.

Für Raab und den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde Deutschlands, Hakki Keskin, ist das ein Resultat konsequenter Sprachförderung in den Vorschulklassen. Die will man jetzt auf die Kindergärten ausweiten. Die Türkische Gemeinde hat an über 6000 türkischer Familien in Hamburg Briefe geschrieben mit dem Appell, ihre Kinder in Kindergärten zu schicken. Keskin macht allerdings deutlich, dass es dabei nicht um das Abschieben der türkischen Sprache gehen dürfe, denn: „Zweisprachigkeit ist ein Reichtum, den wir unbedingt fördern sollten.“

Dass viele türkische Eltern ihre Kinder noch gar nicht in die Kita schicken, dass bisher nur jede zehnte türkische SchülerIn das Abitur macht und jede fünfte die Schule ohne Abschluss verlässt, das will Keskin bei all den vermeintlichen Positivmeldungen allerdings nicht vergessen wissen. Peter Ahrens