■ UrDrüs wahre Kolumne
: Finger innen Arsch

Die fatalen Folgen eines ortsüblichen Überfalls (zerbrochene Brille, aufgeplatzte Lippe und zugeschwollene Augen) hinderten mich in der vergangenen Woche an der Ausübung meiner Chronistenpflicht. Weshalb die üblichen Verdächtigten sicher bekannt sein dürften oder sich hier angesprochen fühlen dürften ... Vermutlich haben sie aber auch ein gemeinsames Alibi anzubieten!

Das Elterngeschmeiss, dass jetzt am Kippenberg-Gymnasium seine Kinder („sind so kleine Hände“) auf Deubel komm' raus zum Hochbeschleunigungs-Abi treiben will, hat dadurch seine abgrundtiefe Verachtung gegenüber den Wegen und Umwegen jugendlichen Lebens so gründlich bewiesen, dass man ihm kollektiv das Erziehungsrecht absprechen sollte. Und den Abkömmlingen dieser Ehrgeiz-zerfressenen Turbo-Pädagogen empfehlen wir, die Familienbande möglichst schnell zu zerreissen: Wer in so schlechter Gesellschaft bleibt, kommt darin um, wird am Ende noch Unternehmens-Liquidator, Kahlschlag-Sanierer oder gar Inhaberin eines Autohauses, kurz: ein Totalversager am Sinn des Lebens ...

Ausgerechnet vor mir will sich ein richtig fortschrittsgläubiges Trottelgesicht am Fahrkartenschalter eines niedersächsischen Kleinstadtbahnhofes ein EXPO-Ticket im Vorverkauf besorgen. Der Mann von der neuen Bahn versucht es wieder und wieder, seinem Computersystem das gewünschte abzuringen, doch offenbar ist künstliche Intelligenz gar nicht so blöde wie man zumeist annimmt: Es klappt einfach nicht. Was schließlich auch der Service-Kraft zu denken gibt: „Sagense mal, müssense da wirklich unbedingt hin?“, fragt er den Kunden halbwegs resigniert. Solche Einsicht lob' ich mir, vor allem jetzt, da selbst der EXPO-Auftritt von und Karel Gott erneut in Frage gestellt ist. P.S.: Den Rest der Argumentationskette zum Thema „Weltausstellung, nein bloß nicht“ entnehmen Sie bitte dem neuen EXPO-Thriller „Sabotage“ von Jürgen Alberts bei rororo.

Die Bundes-CDU bleibt selbst unter der Führung des tapferen Mädchens aus Neufünfland in wirtschaftlicher Bedrängnis und auch die Bremer Landesgeschäftsführerin Silke Müller kann lediglich Hilfe anbieten, „die unseren Finanzen entspricht“. Wie wäre es denn mit einem CDU-Aktionstag auf dem Marktplatz in Sachen Fund-Raising? Lieschen Motschmann macht sich einen Schlitz ins Kleid, zupft das Dirndl zurecht und serviert die schäumenden Krüge aus Josef Hattigs kleiner Landbrauerei. Dem Unions-Bullizisten Rolf Herderhorst darf man gegen eine kleine Spende Buttercremetorten ins Gesicht werfen, Bernd E. Neumann tritt mit den Overniggeland Dreamboys als Man-Stripper auf und Senator Bernt Schulte interpretiert am wohltemperierten E-Piano auf Zuruf „Flohwalzer“, „Nordseeküste“ oder „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“. Wenn dann noch Hartmut Perschau ein Gesundheitszeugnis für den Job am Bratwurst-Grill beibringen kann, wäre ich bereit, eine Polonaise zum Bankautomaten zu machen, um eine ganze Menge in die Zukunft der Union zu investieren: Vielleicht darf ich ja Klaus Möhle vom Wohnpark an der Leesum auf einen gefälligen Umtrunk bitten!

Beim Pennymarkt im Viertel kann der Kunde mittels einer Zange sein Frühstücksbrötchen aus einem vertrackt konstruiertem Plastik-Container entnehmen. Nach vergeblichem Versuch greift eine betagte Kundin mit der Hand zum Backwerk und wird daraufhin von einem smarten Single-Portionen-Einkäufer bezichtigt, kein Gefühl für Hygiene zu haben. Was die derart Gescholtene energisch zurückweist: „Meinste ich stecke mir vorm Einkaufen extra wegen dir noch den Finger innen Arsch? Da biste mir doch viel zu egal für!“ Schön, wenn Menschen sich in dieser unserer Zeit gegenseitig noch so grundsätzliche Dinge zu bedenken geben ...

meint jedenfalls

Ulrich „Saubermann“

Reineking