Der Traum: Ein Leben in Freiheit

■ Bruni Prasske schildert iranische Lebenswege in Reiseerzählungen

Bruni Prasske (38) hat zufällig geschafft, worum sich andere lange mühen. Im Februar gelang der Hamburger Sozialarbeiterin auf Anhieb ihr literarisches Debüt im rennomierten Hoffmann und Campe Verlag. „Mögen deine Hände niemals schmerzen“ ist eine Reiseerzählung aus dem Iran. In Oldenburg hat Bruni Prasske interkulturelle Pädagogik studiert und im Arbeitskreis Asyl Kontakte und dann tiefe Freundschaften zu Iranern geknüpft, deren Lebenswege sie auf ihren Reisen abtastete. Heute Abend um 20 Uhr wird sie im Oldenburger „Kulturzentrum Peter Friedrich Ludwig“ (Peterstraße 3) zu einer sinnlichen Lesereise einladen.

taz: Unser Bild vom Iran ist wesentlich geprägt von den Medien: Da wollen Mütter nicht ohne ihre Töchter weg, Salman Rushdie erhält Morddrohungen. Ein gewaltiges, gewalttätiges Land?

Prasske: Man muss ganz klar trennen: einmal die Diktatur der islamischen Republik Iran, und dann das was die Menschen wollen, wie sie dort leben und wie sie sich auch Nischen suchen in dem System. Hinter dieser Mullah-Doktrin verbirgt sich etwas ganz anderes: Gastfreundschaft, Neugier, etwas Exotisches, Buntes und auch sehr Kritisches. Es gab keine Taxifahrt ohne abfällige Bemerkungen über das Regime. Was mich am meisten geprägt hat dort war die Erfahrung der Unfreiheit: Es wird vorgeschrieben was man öffentlich sagen darf und wie man sich dem anderen Geschlecht gegenüber zu verhalten hat. Ich hatte dort auch eine verbotene Beziehung und das war gefährlich.

Hat sich Ihr Blick auf Deutschland verändert?

Ja, all das hat mir gezeigt, was ein Leben in Freiheit bedeutet: Die habe ich hier in Deutschland bewusster genossen. Aber wir leben hier auch viel einsamer: Familien lösen sich auf, Frauen sind mit Kindern allein, alte Menschen sind allein. Dieser Zusammenhalt im Iran hat mich schon fasziniert.

Kate Millet war von 20 Jahren allein im Iran unterwegs und hat in ihrem Buch ein Bild von starken Frauen gezeichnet.

Im öffentlichen Leben habe ich viele selbstbewusste Frauen erlebt – auch in meinem Alter – die unverheiratet waren und ganz genau wussten, was sie wollten. Ein Schlüssel für die Frauen ist tatsächlich Bildung, und der Weg dahin scheint ihnen leichter zu fallen: Über die Hälfte der Studierenden im Iran sind Frauen, und die Anforderungen sind sehr hoch. Überall im Iran sieht man arbeitende Frauen, Frauen in Spitzenpositionen. Natürlich sind die Frauen durch die Gesetze des Islam in ihren Rechten eingeschränkt. In der Familie aber haben sie in der Regel das Sagen, und sie unterstützen sich gegenseitig. Es gibt dort eher eine weibliche Solidargemeinschft als hier, von der auch die Alten versorgt werden. Und niemand redet über Beziehungsprobleme. Das fand ich ungeheuer erleichternd. Aber das holte mich dann im ersten Zugabteil in Deutschland wieder ein.

Fragen: Marijke Gerwin