Krieg der Sterne im Orchester

■ Während Gutachter über ihren Taschenrechnern grübeln, entwickelt das Philharmonische Orchester eigenständig neue Konzerttypen. Die taz sprach mit dem Orchesterbratscher Steffen Drabek über das neue Projekt „Hollywood in Concert“

Die russische Komponistin Sofia Gubaidulina hat einmal gesagt, sie habe beim Komponieren von Filmmusik mehr gelernt als im Unterricht an der Musikhochschule. Viele große Komponisten haben Filmmusik geschrieben, zum Geldverdienen, aber auch aus Interesse an einer eigenen, ganz anderen Aufgabe als der autonomen Musik. Das Philharmonische Staatsorchester startet ein Experiment: es spielt Musik aus den großen Hollywoodfilmen „E.T.“, „Jurassic Park“ (John Williams) „Der mit dem Wolf tanzt“ (John Barry) und „Titanic“ (James Horner). Wir sprachen mit dem Initiator und Dirigenten Steffen Drabek, einem Bratscher des Orchesters, über „Hollywood in Concert“.

taz: Herr Drabek, das Konzert am nächsten Sonntag ist in jeder Hinsicht ungewöhnlich. Es ist organisatorisch eine eigene Initiative des Orchesters, und es bietet inhaltlich Musik, die Sie sonst nicht spielen. Wie ist das Projekt entstanden und mit welchem Ziel?

Steffen Drabek: Wir wollen beweisen, dass wir uns mit ausgefallenen und modernen Projekten zeigen können, nicht nur mit dem philharmonischen Repertoire. Und wir wollen ein anderes, auch jüngeres Publikum erreichen.

Die Filmusik hat ja eine lange Tradition: angefangen von der Stummfilmmusik auch eines Arthur Honegger und Dimitri Schostakowitsch über die berühmte Eisenstein-Musik von Serge Prokofieff bis zu der Musik von Bernard Herrmann für Hitchcock: warum haben Sie die großen „Schinken“ ausgewählt, wenn Sie mir diesen saloppen Ausdruck erlauben?

Ausschlaggebend war für uns, dass wir die großen Kassenschlager aus den letzten zwanzig Jahren einmal zeigen wollten. Deren Musik ist oscarpreisgekrönt, das Notenmaterial war verfügbar. Wenn Sie nach Herrmann fragen: das hätten wir nicht bezahlen können.

Sie sagen, das Notenmaterial war verfügbar: ist denn diese Musik wirklich für Orchester geschrieben und nicht synthetisch hergestellt?

Es ist große sinfonische Musik, konzipiert für große Orchester. Und das ist ja das interessante an diesen Hollywoodfilmen. In Deutschland gibt es das gar nicht, da ist alles für irgendwelche Bands. Diese Musik wird immer irgendwie denunziert. Ich halte sie für hochwertig und erstklassig, allein schon aus handwerklichen Gründen!

Aber die Musik hängt doch immer notwendig mit dem Bild zusammen?

Jein. Wir spielen ja nicht einfach die Musik, die aufs Bild angewiesen ist, sondern extra vom Komponisten komprimierte und aufbereitete Suiten. Ich habe mich auch um Kontraste bemüht: nicht nur den Pomp von „Star wars“, sondern auch das Zarte und Leichte von „Der mit dem Wolf tanzt“.

Gab es im Orchester Konsens über dieses Projekt?

Ja, total. Wir beschäftigen uns schon lange damit. Als Gorbatschow hier war, wollten wir die Musik zu „Panzerkreuzer Potemkin“ spielen, aber das platzte. Wir haben auch schon gute Rückmeldungen aus Schulen.

Sie spielen diese Konzerte ja ohne die Absicherung durch die Philharmonische Gesellschaft, und Sie wickeln es auch nicht über deren Vertragspartner KPS ab, sondern über das TSC. Soll es weitere solche Angebote geben?

Sicher. Das hängt davon ab, wie das Projekt jetzt läuft. Aber an spannenden Ideen fehlt es uns nicht.

Herr Drabek, Sie sitzen in der Bratschergruppe des Orchesters und verfolgen seit langem zusätzlich Ihre Ausbildung als Dirigent. Warum?

Ich wollte das schon immer. Als Bratscher kann man ja so schön die Dirigenten beobachten, ich erhielt entscheidende Anregungen von Seji Ozawa und Simon Rattle. Aber ich spiele gerne Brasche, ich möchte immer beides machen.

Handwerk und Charisma: Was zeichnet heute den guten Dirigenten aus?

Sehr einfach. Man muss ein sehr guter Musiker sein. Gemeinsames Atmen und Erfühlen muss stimmen. Vielleicht hab ich's als Orchestermusiker da leichter als die Leute, die vom Klavier kommen.

Fragen: Ute Schalz-Laurenze

Termine von „Hollywood in Concert“: 26.3.,11.30 Uhr und 30.3., 20 Uhr in der Glocke Bremen und am 3.4., 20 Uhr im Kleinen Haus in Delmenhorst