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Ergebnisse und Folgen der Angriffe der Nato auf Jugoslawien

taz: Wie beurteilen Sie die Ergebnisse des Nato-Bombardements?

Zoran Djindjić: Die Nato hat mit ihrem Bombardement in Serbien nichts erreicht. Pläne des Regimes für die massenhafte Vertreibung von Kosovo-Albanern mögen schon vorher ausgearbeitet gewesen sein. Eine Tatsache ist aber, dass diese Pläne erst nach dem Beginn der Bombenangriffe verwirklicht worden sind. Was Kosovo als Anlass für das Bombardement angeht, ist die Situation dort heute schlimmer, als sie vor dem Einmarsch der Nato gewesen ist. Vor dem Krieg war eine normale multiethnische, multikulturelle Gesellschaft im Kosovo wenigstens noch vorstellbar, heute kann man nicht einmal mehr darauf hoffen. Jedoch kann man sagen, dass trotz des Bombardements, nach all den tragischen Ereignissen ein demokratisches und europäisches Bewusstsein in Serbien erhalten geblieben ist.

Welche Folgen hatte der Krieg der Nato gegen Jugoslawien für den Kampf der Opposition gegen Slobodan Milošević?

Ich glaube, dass die Position von Milošević in Serbien durch das Bombardement gestärkt worden ist. Die durch das Bombardement wieder hochgekommenen Themen wie Patriotismus, Landesverteidigung und derWiederaufbau nach der Zerstörung lenken von den tatsächlichen Problemen in Serbien ab – von wirtschaftlichen und sozialen Problemen, der Korruption und von einem inkompetenten Regime. In Serbien wird in diesem Jahr gewählt. Hätte das Bombardement nicht stattgefunden, wäre es sicher zu einem Machtwechsel, wie zum Beispiel in Kroatien zum Beispiel, gekommen. Selbst die Regierungen westeuropäischer Länder hatten Probleme, ihren Bürgern die Gründe für das Bombardement zu erklären. Wie schwer ist es dann für die Menschen in Serbien zu verstehen, dass sie drei Monate lang bombardiert worden sind und diese Aktion nur gegen das Regime Milošević gerichtet gewesen ist?