Kompromiss-Suche bei Handwerker-Fehlern

■ Die Schiedsstelle der Handwerkskammer schlichtet Streit zwischen KundInnen und Handwerksbetrieben / Das Ziel dabei: Mit Kompromissen teure Gerichtskosten sparen

Über 60 Mal riefen Handwerker oder deren unzufriedene Kunden im vergangenen Jahr die Schlichtungsstelle der Bremer Handwerkskammer an – und sparten sich so teure Gerichtskosten. Zu einer wirklichen Einigung über den vermeintlichen Mangel – über die zu hohe Handwerkerrechnung, unberechtigte Fahrtkosten, den Baufehler oder den zahlungsunwilligen Kunden – kam es allerdings nur in zwei Dritteln der Fälle. 14 Mal scheiterte die Einigung völlig und in elf Fällen weigerte sich eine Partei, überhaupt an dem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren teilzunehmen.

„Unser Angebot ist ein Service, der Freiwilligkeit voraussetzt“, sagt Christian Flathmann. Beim Justiziar der Bremer Handwerkskammer landen die Streitigkeiten. Deren Schlichtung ist eine Kammeraufgabe – sofern es sich um Bremer Handwerksbetriebe handelt. So steht es in der Handwerksordnung – nach der eine Schlichtungsstelle „das Interesse des Handwerks fördert“. Um Missverständnisse zu vermeiden, betont Flathmann: „Nicht des einzelnen Handwerkers.“ Immerhin vertrete die Handwerkskammer 96 Handwerksberufe und 5.000 Betriebe. Es gehe vielmehr um den guten Ruf des Handwerks insgesamt – „immer vor dem Hintergrund, dass hier Menschen und keine Maschinen arbeiten.“

Meint: Nicht jede Leistung fällt immer gleich aus. Andere Farbschattierungen, andere Putzmaserungen, eine leichte Holzverfärbung – sowas liegt im Graubereich des menschlich-natürlichen. Der Einzelfall muss dann geprüft werden. Bei zersprungenen Fliesen im frisch gekachelten Bad, blasigem Farbanstrich der Hauswand oder rissigem Putzauftrag ist der Sachverhalt vielleicht schon deutlicher – und eher ein Fall für den Gutachter. Vorausgesetzt, keine Seite lenkt vorher ein.

Überhaupt ist die erste Frage des Justiziars immer: „Haben Sie mit der Gegenseite das Problem schon besprochen?“ Es könne schließlich nicht angehen, dass ein Verfahren gegen einen Handwerker in Gang gesetzt wird, dessen erste Reaktion dann ist: „Wenn der Kunde mit mir gesprochen hätte, hätte ich das geregelt.“ Außerdem habe der Handwerker selbst ein Recht darauf, einen Schaden auch wieder zu beheben.

Ohnehin werde eine Schlichtung keinesfalls darin enden, dass ein weiteres Unternehmen mit der Reparatur des Schadens beauftragt wird – falls der Schaden überhaupt festgestellt wird und man sich nicht vorher einigt. „Auch wenn es dem Kunden gruselt, derselbe Betrieb wird wieder kommen“, schmunzelt Flathmann.

Die meisten Klagen, die bei der Handwerkskammer einlaufen, betreffen Rechnungen unter 5.000 Mark. Da gilt das Wort des Schlichters unter Umständen viel – denn ein Gerichtsverfahren könnte, je nach Ausgang, die streitenden Parteien teurer kommen als ein beiderseitiges Nachgeben. Oft erreicht der Justiziar aber schon mit einem Kompromissvorschlag eine Einigung. In leichteren Fällen funktioniert das zumeist per Preisnachlass. „Wenn die Fliese im neu gekachelten Bad kaputt ist, muss der Handwerker eben den Preis etwas reduzieren“, sagt Flathmann. „Möglicherweise auch dann, wenn ein Spiegel über die Stelle kommen soll.“

Wo die Geldlösung nicht funktioniert, beide Seiten aber dennoch eine Schlichtung suchen, komme regelmäßig ein Gutachter ins Spiel. Dessen Kosten allerdings werden nicht von der Handwerkskammer bezahlt. Die übernehmen Kunde oder Handwerker – je nachdem, zu wessen Guns- ten die Expertise ausfällt.

Günstiger bleibe das Angebot der Handwerkskammer immer noch, argumentiert Flathmann. „Auch bei Gericht würde ein Gutachter bestellt. Dazu kommen noch die Anwaltskosten.“ Außerdem: „Wer sich vor der Handwerkskammer nicht einigt, der kann den Gerichtsweg immer noch beschreiten.“

Klar ist für den Bremer Juristen, dass zumeist ein Kompromiss heraus kommt – „und ein guter Kompromiss schmerzt beide Seiten. Das ist bei Gericht aber nicht anders.“ ede

Foto: Kay Michalak

Anfragen richten Interessierte an die Einigungsstelle der Handwerkskammer Bremen, Ansgaritorstraße 24, 28195 Bremen. Ab April wird die Kammer im Internet auch mit „Verbrauchertipps zu handwerklichen Leistungen und Tätigkeiten“ vertreten sein. Infos zur Handwerkskammer-Rechtsauskunft gibt es unter 30500-20.