Bildstörung bei Springer TV

Im Fernsehgeschäft macht Deutschlands größtes Pressehaus zwar leidlich Umsatz, aber eine lächerliche Figur:Mit „Newsmaker“ versinkt heute das Flaggschiff von Springer TV. Und Sat.1 ist froh, das Sorgenkind endlich los zu sein

von ARNO FRANK

Zutreffender hätte der Slogan der Sendung kaum lauten können: „Wir machen Schlagzeilen“ war das geplante Motto von Springers TV-Produkt „Newsmaker“. Mit der geballten „journalistischen Kompetenz“ des Hauses, so Springers Welt am 26. Februar letzten Jahres, werde die Sendung „unter anderem gegen die ARD-Tagesthemen“ antreten.

Konfuse Themen, kuriose Personalpolitik und bröckelnde Quoten führten dazu, dass „Newsmaker“ tatsächlich nicht mehr aus den Schlagzeilen herauskam. Im Januar dann sackte die Quote sogar auf schlappe 7,3 Prozent der Zuschauer im „werberelevanten Alter“ zwischen 14 und 49 Jahren. Trotz boulevardesker Kompetenz, obwohl Synergieeffekte etwa mit Bild nach Kräften genutzt wurden: „Newsmaker“ war nicht zu retten.

Damit endet heute Abend auch der tragische Versuch von Susan Stahnke, ein zweites Mal als seriöse Moderatorin zu reüssieren. Tragisch deshalb, weil das Magazin längst gescheitert war, als die ehemalige „Tagesschau“-Sprecherin im Oktober an Bord geholt wurde.

Ein halbes Jahr zuvor hatten Springer TV und Sat.1 noch unisono Hoffnungen geschürt. Claus Larass, Vorstandschef des Verlages, sah eine „Rückkehr zu den Wurzeln des Journalismus“ heraufdämmern. Fred Kogel, Programmchef des Senders, freute sich auf einen „Ausbau unseres Angebots an journalistischer Information“.

Das ursprünglich moderierende Quartett aber unterschritt mit Beiträgen wie „Kampf gegen Killerbakterien“ leichtfüßig alle Erwartungen. Im Kampf gegen das zunehmende Desinteresse der Zuschauer wurde die Latte immer tiefer gehängt. „Schluss mit Cellulitis“ forderte das Infotainment-Magazin im Juni, auch im August schlug sich die Ratlosigkeit weiter in den Themen nieder: „Albtraum Au-Pair – missbraucht und misshandelt“. Vom Moderatorenteam strichen Christoph Teuner und Hanno Wiedenhaus fast sofort die Segel, Karin Figge und Caroline Hamann waren rasch zu Reporterinnen degradiert. Susan Stahnke kam im Oktober, sah und sagte: „Tabus gibt es nicht, solange der Zuschauer für sich einen Nutzen ziehen kann.“

„Das ist der schwierigste Sendeplatz in Deutschland überhaupt“, heißt es dazu nun bei Springer TV, in Anspielung auf die direkten Mitbewerber Birgit Schrowange („Extra“, RTL) und Stefan Raab („TV Total, Pro 7). Kein Wunder, dass man da „nur dritter Sieger werden“ könne.

Zu handwerklichem Pfusch und finanzieller Pleite allerdings gesellt sich ein strategisches Debakel: Der Untergang von „Newsmaker“ ist symptomatisch für die Schwierigkeiten des Axel Springer Verlags (ASV), auf dem TV-Markt Fuß zu fassen. Der Sender Sat.1, zu 41 Prozent in der Hand von Springer, hat den Hamburgern seit 1984 nicht nur Verdruss, sondern auch Verluste von mehr als 300 Millionen Mark bereitet.

Larass’ Vorgänger August Fischer handelte und setzte seinen Berater Stephen Barden auf den Chefsessel der Axel Springer TV Productions GmbH (AS TV). Der Konzern butterte ein gut Teil seiner Gewinne in Produktionsfirmen, die AS-TV-Sparten „News“, „Fiction“ und „Talk und Entertainment“ mit Inhalten versorgen sollen. Allein 40 Millionen Mark kostete der Einkauf von Schwartzkopff TV, Deutschlands erfolgreichster Talkfabrik („Andreas Türck“, „Jörg Pilawa“).

Umso peinlicher also die Bauchlandung mit „Newsmaker“ – und ein Beispiel dafür, dass sich Nachrichtenkompetenz im Printbereich nicht umstandslos ins Fernsehen übersetzen lässt?

„Wenden Sie sich doch an den Pressesprecher von Sat.1, der ist Weltmeister im Beantworten solcher Fragen“, heißt es bei „Newsmaker“. Tatsächlich findet Sat.1-Sprecher Dieter Zurstraßen warme Worte für das Ausscheiden der ungeliebten Sendung: „Büsche wachsen nicht sofort in den Himmel“, sagt der Weltmeister und fragt: „Was sollen wir denn machen? Wir können doch keine Schwarzblende ziehen!“ Den verwaisten Sendeplatz wird wieder die „Fahndungsakte“ einnehmen.

Auch bei Springer wurden aus der Pleite inzwischen Konsequenzen gezogen: Stephen Barden steigt Ende April „auf eigenen Wunsch“ aus, stattdessen wird der teuer eingekaufte Talk-Produzent Peter Schwartzkopff die TV-Geschäfte leiten. Und soll einstweilen weniger Schlagzeilen als vielmehr Umsatz machen. 80 weitere Folgen von „Echt wahr“ wurden bereits an Sat.1 verkauft, auch die Reihe „24 Stunden“ läuft ganz passabel.

„Wir machen die Schlagzeilen“ war dann übrigens doch nicht das Motto von „Newsmaker“. Rechtzeitig als doppeldeutig erkannt, entschied man sich für „Das wird Sie interessieren“. Tat es nicht. Und ist vielleicht auch schon das ganze Geheimnis.