Besetzungen drohen zu eskalieren

In Simbabwe sind über 700 Großfarmen besetzt. Allmählich wächst der Widerstand der weißen Farmer und ihrer Angestellten gegen die Eindringlinge. Präsident Mugabe hat die Präsidentschaftswahlen auf Mai verschoben

von KORDULA DOERFLER

Trotz einer gerichtlichen Anordnung des Obersten Gerichts in Harare gehen in Simbabwe die Besetzungen weißer Großfarmen weiter. Bislang hat die Polizei das bereits vor mehr als einer Woche verhängte Urteil, die ungesetzliche Landnahme von Kriegsveteranen sofort zu beenden, schlicht ignoriert – und weiß sich dabei der Unterstützung von höchster politischer Stelle sicher. Präsident Robert Mugabe selbst hatte die marodierenden ehemaligen Guerilleros und landlosen Kleinbauern dazu ermutigt, sich das Land zu holen. „Wir wollen, dass die Weißen lernen, dass das Land uns gehört“, sagte Mugabe.

Nach Angaben des weißen Farmerverbandes (CFU) waren Ende vergangener Woche mehr als 700 Farmen besetzt, rund 100 mehr als in der Woche zuvor. Zugleich, so der CFU-Vorsitzende David Hasluck gegenüber der taz, wachse aber nun, nach fünf Wochen der überwiegend friedlichen Besetzungen, der Widerstand gegen die ungebetenen Eindringlinge – vor allem unter Farmarbeitern. „Wir versuchen mit allen Mitteln, gewaltsame Auseinandersetzungen zu vermeiden“, so Hasluck.

Doch nicht nur die Farmer fürchten nun um ihre Ernten, auch ihre Angestellten haben Angst um ihre Arbeitsplätze – mit gutem Grund. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung von Simbabwe leben auf dem Land, die Arbeitslosigkeit liegt nach 20 Jahren Unabhängigkeit und uneingeschränkter Herrschaft der ehemaligen Befreiungsbewegung Zanu-PF bei über 50 Prozent, durchschnittlich geht es den Simbabwern heute wesentlich schlechter als zur britischen Kolonialzeit.

Auch Farmer berichten immer wieder von Bedrohungen. „Sie haben uns damit gedroht, uns umzubringen, wenn wir das Land nicht langfristig übergeben“, sagt Dawn Connor, Farmersfrau östlich der Hauptstadt Harare.

Seit Ende Februar werden ihre beiden Farmen Oribi und Stockholm besetzt gehalten. Einige ihrer Kollegen haben auch tätliche Angriffe über sich ergehen lassen müssen. Die CFU hält sich strikt an die Gesetze und hat eine Klage gegen die illegalen Besetzungen eingereicht. Dass eine Landreform in Simbabwe überfällig ist, wo rund 4.500 weiße Großfarmer 70 Prozent des Ackerlands besitzen, ist bei den meisten ihrer Mitglieder unstrittig.

Am stärksten betroffen ist – nicht zufällig - die Provinz Central Mashonaland nördlich von Harare. Dort liegen nicht nur die besten Böden des Landes, dort hat Mugabe auch das Referendum über eine neue Verfassung im März nicht verloren. Die gesamte Region gilt als Zanu-Hochburg. Dass die Landbesetzungen sofort nach dem ansonsten überraschend klar verlorenen Volksentscheid begannen, hält niemand in Simbabwe für einen Zufall. Viele der angeblichen Kriegsveteranen sind überraschend jung und werden offenbar gegen Bezahlung von der Jugendorganisation der Zanu angeheuert. Trotz der eklatanten Benzinknappheit in Simbabwe verfügen sie auch über stets vollgetankte Lkws, mit denen sie aufs Land gebracht werden.

Zugleich heizt sich die politische Stimmung in Simbabwe immer mehr auf, hat der Wahlkampf längst begonnen. Zwar müssten laut geltender Verfassung eigentlich noch im April Parlamentswahlen stattfinden. Doch Mugabe spielt auf Zeit und erklärte am Sonntagabend, wegen der schleppenden Wählerregistrierung fänden die Wahlen nun frühestens im Mai statt. Auch jetzt wollte er sich nicht auf einen genauen Termin festlegen, für dessen Festsetzung er allein zuständig ist.

Derweil verpügeln Zanu-Leute und Mitglieder des Geheimdienstes Anhänger der neuen Oppositionspartei „Bewegung für einen demokratischen Wandel“ (MDC) unter dem einflussreichen Gewerkschafter Morgan Tsvangirai auf Wahlveranstaltungen. Der Guerillaverband hat indessen damit gedroht, wieder in den Krieg zu ziehen, sollten die Veteranen nicht endlich das von Mugabe seit Jahren versprochene Land erhalten. Doch sogar dessen militanter Vorsitzender, Chenjerai „Hitler“ Hunzvi, hat sich mittlerweile von den Besetzungen distanziert. „Das ist ein gezielter Plan der Regierung, die Landfrage zum zentralen Wahlkampfthema zu machen“, kritisierte Tsvangirai am Wochenende. „Anarchie und Gesetzlosigkeit“ würden jetzt in Simbabwe von oberster Stelle gefördert.

Die Verantwortlichen aus Regierung, Polizei und Justiz indessen glänzen durch Abwesenheit. Polizeichef Augustine Chihuri verschwand nach dem Gerichtsurteil zur Räumung der Farmen ins Ausland, ebenso der Generalstaatsanwalt. Landminister Kumbirai Kangai indessen wurde wegen eines millionenschweren Korruptionsskandals vorübergehend verhaftet und ist jetzt lediglich auf Kaution frei.