Genfer Gipfel gescheitert

Nachdem die Präsidenten Syriens und der USA, Assad und Clinton, bei ihrem Gipfel in Genf keinen Durchbrucherzielen konnten, machen sich Israel und Syrien gegenseitig für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich

von KARIM El-GAWHARY

Es war womöglich die vorerst letzte Chance, sich mit Hilfe der USA einem syrisch-israelischen Abkommen zu nähern. Denn schon bald wird das offizielle Amerika im Wahlkampf nur noch Nabelschau betreiben. Doch Sonntagnacht ist diese Chance in Genf gescheitert. Dort war US-Präsident Bill Clinton mit seinem syrischen Amtskollegen Hafis al-Assad in Genf zusammengetroffen. Vier Stunden saßen die beiden zusammen. Mehrmals telefonierte Clinton zwischendurch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak.

Weiter unüberbrückbareDifferenzen

Das offizielle Ergebnis klingt ernüchternd: „Bei den entscheidenden Unterschieden ist man sich nicht näher gekommen“, wie es Clintons Sprecher Joe Lockhart anschließend vor der Presse zusammenfasste. Eine Neuaufnahme der syrisch-israelischen Gespräche sei nicht in Sicht.

Lockhart sprach sie nicht aus, aber jene zitierten nicht überbrückbaren „entscheidenden Unterschiede“ hatten bereits im Januar direkte syrisch-israelische Gespräche in den USA zum Scheitern gebracht. Gemeint ist die Frage, wo denn nun eigentlich die Grenze verlaufen soll, wenn sich die israelischen Truppen von den Golanhöhen zurückziehen würden. Dabei geht es auch um die im Nahen Osten leidige Frage des Wassers. Israel möchte, dass die Grenzlinie mehrere hundert Meter vom See Genezareth entfernt gezogen wird. Der See speist nach israelischen Angaben immerhin 40 Prozent des in Israel konsumierten Trinkwassers. Für Damaskus ist ein Teil des Ufers schlichtweg traditionell syrisches Territorium, von dem es keine Abstriche machen will. Umstritten sind auch weiterhin die Sicherheitsarrangements, die nach einem eventuellen Abzug der israelischen Truppen aus dem Golan getroffen werden sollen. Und nicht zuletzt streitet man sich um die Art der Normalisierung, die nach einem israelischen Abzug die Beziehungen beider Länder charakterisieren soll. Wie sollen die neuen Beziehungen jenseits des Austauschs der Botschafter aussehen?

Nach dem Scheitern des Clinton-Assad-Gipfels versuchen beide Seiten sich gegenseitig den schwarzen Peter zuzuschieben. Laut dem Sprecher des syrischen Präsidenten lag es an den Hindernissen, die Israel der Wiederaufnahme der syrisch-israelischen Gespräche in den Weg gelegt hatte. Sein israelischer Kollege im Büro des Ministerpräsidenten gab die Schuld dagegen den syrischen Konditionen für eine Wiederaufnahme der Gespräche.

Jetzt herrscht diegroße Ratlosigkeit

Nachdem im Vorfeld des Treffens die Erwartungen hoch waren, dass vielleicht noch in diesem Jahr ein israelisch-syrisches Abkommen unterzeichnet werden könnte, herrscht im Nahen Osten jetzt zunächst große Ratlosigkeit. Anstelle von US-Außenministerin Madeleine Albright ist gestern lediglich der amerikanische Nahost-Gesandte Dennis Ross nach Israel gereist, um Ministerpräsident Barak vom Assad-Clinton-Gipfel Bericht zu erstatten. Ein klares Zeichen dafür, dass es derzeit nichts Neues zu verhandeln gibt und der US-Shuttle-Diplomatie, die bei Fast-Durchbrüchen im Nahen Osten üblich ist, derzeit keine Aussicht auf Erfolg gegeben wird.

Eine Chance könnte das heutige Treffen Clintons mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Washington noch bieten. Die Ägypter haben sich schon des Öfteren in den stockenden Nahost-Gesprächen zwischen Palästinensern und Israelis als Vermittler bewährt. Vielleicht gelingt es ihnen, nach den in den letzten 24 Stunden gescheiterten Plänen wieder neue Hoffnung zu erwecken.