Na sdarowje: Putin pur

Russlands Wähler sparen sich einen zweiten Wahlgang und wählen Wladimir Putin mit 52,5 Prozent zum neuen Präsidenten. Die Armee begrüßt den Kreml-Chef mit zwei Raketenabschüssen

MOSKAU taz ■ Russland hat einen neuen Präsidenten. Am Sonntag kürten die russischen Wähler Interimspräsident Wladimir Putin mit 52,5 Prozent der Stimmen endgültig zu ihrem rechtmäßigen Präsidenten. Ein zweiter Wahlgang ist damit nicht mehr notwendig.

Das Wahlergebnis zeigt auch, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung eine härtere Gangart und autoritäreres Durchgreifen wünscht. Diesen Trend unterstreicht das überraschend gute Abschneiden des kommunistischen Kandidaten Gennadi Sjuganow. Der farblose Provinzlehrer erntete knapp 30 Prozent der Stimmen. Als einziger Bewerber des demokratischen Spektrums landete der Vorsitzende der Jabloko-Partei, Gregori Jawlinski, mit 5,6 Prozent auf einem enttäuschenden dritten Platz.

Etwa die Hälfte der Wähler mag dem Präsidenten ihre Stimme gegeben haben in der Hoffnung, Putin werde die Staatsgeschäfte effizienter führen als Boris Jelzin. Ihr Motiv war nicht die Sehnsucht nach einer autoritären Führungsfigur. Insgesamt signalisierten indes 60 Prozent der Wähler ihre Unzufriedenheit mit den demokratischen Verhältnissen in Russland. Vertreter der Liberalen fürchten zwar nicht, das Land könne in den Totalitarismus zurückfallen, einen aufgeklärten Autoritarismus wollen indes viele nicht mehr ausschließen.

In dieses Bild passt der Jubel der Armee, die zu Ehren des neuen Kreml-Chefs zwei Testraketen über Russland zündete, die ihr Ziel auf der Halbinsel Kamtschatka auch nicht verfehlten. „Ein Geschenk für den Oberkommandierenden der Armee“, meinte das Verteidigungsministerium.

In den Glückwünschen zur Wahl forderte die internationale Gemeinschaft den Kriegsherrn im Kaukasus zugleich auf, dem Gemetzel in Tschetschenien ein Ende zu setzen. Desgleichen erinnerte die EU den Kreml-Chef daran, eine „Politik der Reformen und der Modernisierung“ wieder aufzunehmen. Die Bundesregierung ließ verlauten, mit der Bestätigung Putins sei ein konstruktiver Neubeginn in den Beziehungen Russlands zu Deutschland und Europa möglich geworden. Das wird allerdings noch ein Weilchen dauern: Putin kündigte an, vor Mai werde er keine neue Regierung ernennen. khd

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