Der Modernisierer

15 Jahre nach seinem Rücktritt als Premierminister kehrt Laurent Fabius als Frankreichs Superminister auf die politische Bühne zurück

Man nannte ihn den „Mozart der Mitterrandie“, den „jüngsten Premierminister Frankreichs“. Sein politischer Ziehvater Mitterrand schwärmte: „In meinem Leben bin ich zwei oder drei Männern begegnet, die im selber Alter so viel Kompetenz hatten wie er.“ Seine Rivalen in der Sozialistischen Partei, darunter ein gewisser Lionel Jospin, fürchteten ihn. Und die französische Öffentlichkeit kannte ihn als sorglosen Erben, der im offenen Cabrio durch Paris fuhr und enge Kontakte in Literatenkreise, zum Show-Business und zu französischen Großunternehmern pflegte.

Dann kam der Bluterskandal, und der Berufspolitiker Fabius verschwand für 15 lange Jahre aus dem Rampenlicht. Tausende Hämophiliekranke waren damals, trotz Verdachts, mit HIV-infizierten Blutkonserven behandelt worden. Fabius Wüstendurchquerung endete erst im März 1999, als ihn das oberste Gericht der Republik von der Verantwortung für die HIV-Infektionen freisprach. Wenige Tage danach ging der damals 52-Jährige, der nach den für die Sozialisten erfolgreichen Wahlen im Frühjahr 1997 mit dem Posten als Präsident der Nationalversammlung abgespeist worden war, zur Attacke gegen die Finanzpolitik der Jospin-Regierung über. In einem Zeitungsinterview sagte er: „Der Linken droht keine große Gefahr von rechts. Was sie indes schlagen könnte, sind die Steuern und die Abgabenlasten.“

Seither hat er nicht locker gelassen, um sich ins Gespräch zu bringen und sein sozialliberales Programm bekannt zu machen. Er warnte vor der „Steuerflucht ins Ausland – besonders nach England“. Er verlangte einen vorurteilsfreien Umgang mit Stock-Options, Rentenfonds und der Globalisierung. Er verlangte eine „Neuorganisation des Staatsapparates“. Und er nahm Tony Blair zum Modell. Als er trotzdem nicht befördert wurde, signalisierte der Berufspolitiker zuletzt trotzig, er sei bereit, aus der Politik auszusteigen. Seit gestern Morgen, als er das Amt als französischer Superminister für Finanzen, Wirtschaft und Industrie antrat, steht er vor mehreren großen Herausforderungen: eine Personalreform im Steuersektor, die Entwicklung eines Finanzhaushaltes für das kommende Jahr und die Vorbereitung für die französische EU-Präsidentschaft, die im Juli beginnt.

Fabius, der sich als Modernisierer versteht, will und soll die französischen Mittelschichten von den Qualitäten der rot-rosa-grünen Regierung überzeugen. Von den linken Regierungsmitgliedern und von den mächtigen Gewerkschaften der Finanzbeamten wird er bei dieser Arbeit argwöhnisch beäugt werden.

DOROTHEA HAHN