„Das ist unser Platz ...“

■ In Oldenburg besetzen Wagenburgler Plätze, um auf ihre Überfüllungsprobleme am Stau aufmerksam zu machen / Die Stadt winkt rigoros ab – angeblich zu teuer

Oldenburg – „100 Wagenplätze in Oldenburg“ ist auf dem Transparent zu lesen, das am Bauzaun im Wind flattert. Hinter dem Zaun stehen buntbemalte Bauwagen und Lkw. Am vergangenen Wochenende haben etwa 15 Menschen dieses Gelände im Oldenburger Hafen hinter dem Lager eines Möbelhauses besetzt.

„Wir brauchen Platz. Bei uns fragen ständig Leute an, ob sie bei uns einziehen können, und wir mussten allen absagen, denn der andere Platz ist voll“, sagt Meike, eine der BesetzerInnen. Der andere Platz, das ist die Wagenburg am Stau, auf der anderen Seite des Kanals. Man kann fast hinüberwinken.

Mit symbolischen Platzbesetzungen versuchen die Wagenburg-ler seit einem halben Jahr auf ihre Situation aufmerksam zu machen und die Stadt zu Verhandlungen zu bewegen. Doch die Position der Stadt ist eindeutig: „Es gibt keine geeigneten Flächen für eine zweite Wagenburg in Oldenburg“, sagt der Pressesprecher der Stadt, Jürgen Krogmann.

Vor allen Dingen gibt es kein Geld für eine Wagenburg. 200.000 Mark im Jahr würde ein Wagenplatz nach Berechnungen der Stadt für Erschließungsmaßnahmen (etwa für Wasser, Strom, Einzäu-nung) kosten.

„Das halte ich für ein vorgeschobenes Argument“, meint Besetzer Rodney. „Die wollen einfach die Gruppe klein und überschaubar halten. Das Wagenleben soll sich nicht ausbreiten.“ Außerdem meinen die BesetzerInnen, sie könnten die Kosten durch Eigenarbeit niedrig halten.

Dabei hatte es schon um den letzten Wagenplatz viel Gerangel gegeben. Beinahe fünf Jahre hatte es gedauert, bis die Wagenburgler die Fläche am Stau zugewiesen bekamen. Allerdings sieht der Vertrag mit der Stadt nur eine begrenzte Zahl von BewohnerInnen vor. Maximal zwölf Menschen sollen auf dem Platz wohnen dürfen, doch es gibt längst mehr. Einer der Platzsuchenden ist Biff: „Ich habe drei Jahre lang bei einem Bauern gestanden und bin dort vertrieben worden. Ich brauche unbedingt einen Platz“, meint er.

Ob der besetzte Platz wirklich zur zweiten Wagenburg werden wird, ist mehr als fraglich. In unmittelbarer Nähe des Geländes befindet sich eine Düngemittelfabrik. Nach dem Bauordnungsgesetz darf im Umkreis von 130 Metern kein Wohnen stattfinden. „Durch die Düngemittel besteht erhöhte Brandgefahr. Außerdem gibt es im Brandfall auf dem Gelände keine Fluchtmöglichkeit“, sagt Stadtpressesprecher Krogmann. „Wir wollen nicht, dass irgendjemand im Schlaf vom Feuer überrascht wird.“

Trotz angedrohter Räumung am Dienstag kam es gestern noch einmal zu einem Gespräch zwischen Vertretern der Stadt und den BesetzerInnen. Doch die Stadt beharrt darauf, nach eingehender Prüfung keine geeigneten Flächen gefunden zu haben. Sie schlägt den BesetzerInnen die Rückkehr zum Staugelände vor.

Die Oldenburger Wagenburgler halten das für reine Hinhaltetaktik. „Das ist dasselbe Ergebnis wie nach den Besetzungen am Schlossplatz und auf dem Pferdemarkt. Wir besetzen doch nicht zum Spaß“, meint Biff. „Ohne einen zweiten Platz bleibt uns wieder nur die Straße. Doch unsere Wagen haben Räder“. Die werden sie auch brauchen, denn die Stadt will das besetzte Gelände auf jeden Fall räumen lassen.

Andreas Buron