Geschützte Daten

Spaniens Regierung verbietet Website gegen Folter

Das spanische Innenministerium hat endlich einen Weg gefunden, um gegen eine ihm sehr unliebsame Gruppe vorzugehen. Mit Hilfe des Datenschutzgesetzes soll die Asociación contra la Tortura (ACT) – Anti-Folter-Gesellschaft – zum Schweigen gebracht werden. Mit der Veröffentlichung der Listen von Polizeibeamten, die sich wegen Misshandlung und Folter vor dem Kadi verantworten müssen, im Internet (www.nodo50.org/actortura/) verletze die hauptsächlich aus Anwälten bestehende ACT die Privatsphäre, meint der Datenschutzbeauftragte (www.ag-protecciondatos.es), der jetzt ein Verfahren eröffnet hat. Sollte die ACT schuldig gesprochen werden, droht eine Strafe zwischen 10 und 50 Millionen Peseten – 120.000 bis 600.000 Mark.

Damit nicht genug. Auch dem Provider werden strafrechtliche Maßnahmen angedroht, falls er die Seite der ACT nicht unverzüglich schließt. Nodo50 ist ein Verbund verschiedener Nichtregierungsorganisationen, der seit der Tagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) 1994 in Madrid in Zusammenarbeit mit der Agency for Progressive Communications (APC, www.apc.org) in Spanien unterschlagene Nachrichten aus dem Bereich Menschenrechte, Umweltschutz und Solidaritätsbewegung verbreitet.

Statt die Seite zu schließen, hat ACT Widerspruch eingelegt. „Die fraglichen Daten sind nicht als privat anzusehen, da sie von den Gerichten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“, verteidigt sich der ACT-Vorsitzende Jorge del Cura, der die Jahresberichte seiner Menschenrechtsgruppe jedes Mal nach erscheinen sowohl dem Innen- als auch dem Justizministerium zusendet. Vor allem der letzte Bericht über das Jahr 1998 sorgte für großes Aufsehen in der spanischen Presse, konnte die ACT doch aufzeigen, dass im Berichtszeitraum täglich mindestens eine Anzeige wegen Misshandlung oder Folter an Verhafteten und Gefangenen erstattet wurde.

Anstatt diese Informationen zu unterdrücken, hat das spanische Innenministerium genau das Gegenteil erreicht. Seit die Ermittlungen begannen, haben mehr Leute die Seite besucht als im ganzen Jahr zuvor.

REINER WANDLER

wandler@compuserve.com