Hilfe für Ost-Länder

Regierungschefs der neuen Länder bekommen bei ihrer Forderungnach Fortsetzung des Solidarpakts Schützenhilfe durch ein Gutachten

aus Magdeburg NICK REIMER

Zunächst das Erfreuliche: Die ostdeutschen Bundesländer haben beim Aufbau ihrer Infrastruktur „beachtliche Erfolge“ erzielt. Das stellte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) gestern auf der Regionalkonferenz der ostdeutschen Regierungschefs fest. Die Lücke zwischen Ost und West sei aber „erst zur Hälfte geschlossen“. Die Ministerpräsidenten forderten deshalb erneut eine Fortsetzung des Solidarpakts.

Der bisherige Solidarpakt endet nach zehn Jahren im Jahr 2004. Er sieht jährliche Transferleistungen von 56,8 Milliarden Mark vor. Bis Ende 2004 muss der Länderfinanzausgleich neu geordnet werden. Die ostdeutschen Regierungschefs kamen gestern in Magdeburg zusammen, um ihre Linie für die schwierigen Verhandlungen abzustimmen.

„Wir haben bewiesen, dass wir mit dem Geld verantwortlich umgegangen sind“, sagte Höppner, „der Osten ist kein Fass ohne Boden. Der Boden ist da, aber das Fass ist nur zur Hälfte voll.“ Weitere Geldtransfers seien dringend notwendig: „Selbst wenn wir die gleichen Mittel bekommen wie bisher, werden wir noch 15 bis 20 Jahre brauchen, bis wir die Lücke geschlossen haben.“

Schützenhilfe bekamen die Ost-Regierungschefs gestern durch ein Gutachten von fünf Wirtschaftsforschungsinstituten. Demnach hätte eine Kürzung der Transferleistungen Einbußen bei der Produktion und höhere Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern zur Folge. Auch im Westen hätte die ausbleibende Nachfrage aus dem Osten negative Auswirkungen. Besonders beim Straßenbau, bei den Schulen und im Gesundheitswesen bestehen noch erhebliche Defizite. „Der Aufholprozess ist ins Stocken geraten“, sagte Klaus Zimmermann vom DIW zum vergleichsweise geringem Wirtschaftswachstum in Ostdeutschland.

Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) freute sich über die Unterstützung der Experten: „Das Gutachten ist kein Forderungskatalog der Ost-Länder, sondern eine sachverständige Einschätzung dessen, was gesamtstaatlich zu leisten ist.“

Höppner bezifferte den Nachholbedarf des Ostens mit etwa 500 Milliarden Mark: „Jedem wird klar sein, dass das in zehn Jahren nicht zu machen ist.“ Das würde nämlich bedeuten, die derzeitigen Transferleistungen noch zu erhöhen. Angesichts der derzeitigen Haushaltskonsolidierungslage kann sich dies Höppner aber nicht vorstellen.

Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) warnte: „Wenn der Solidarpakt II mit weniger Mitteln als der Solidarpakt I ausgestattet wird, kostet das etliche Arbeitsplätze. Wir haben nicht den Revolver auf den Tisch gelegt, sondern Fakten.“