In Zagrebs Seen

Ribbecks Buben suhlen sich beim 1:1 gegen Kroatien in Heilschlamm, der angeblich balsamierend wirkt

ZAGREB taz ■ Das Glück kam von oben. Hemmungslos – aus allen Schleusen. Und nicht jeder machte dabei eine glückliche Figur. Lothar Matthäus etwa, der in den ersten Minuten des Freundschaftsspiels gegen die Kroaten die Schultern bis zu den Ohren hochzog und dabei aussah wie ein kleiner Junge, der sich gerne in die schützende Behausung seiner Eltern geflüchtet hätte, aber nicht kann, weil er mal wieder seinen Hausschlüssel vergessen hat.

Ein normales Fußballspiel war beim 1:1 auf der Seenplatte im Maksimir-Stadion in Zagreb lange Zeit nicht möglich. Und das war ganz gut so. Zumindest für den DFB-Teamchef Erich Ribbeck. Die Tage vor dem Treffen mit dem Drittplazierten der WM 98 hatten in der Heimat viele Fachleute genutzt, um mal wieder wie die Ratten aus ihren Löchern zu kommen: Ribbeck sei der falsche Mann, zur falschen Zeit am falschen Ort, ohne Konzept und ohne Linie, weil er die Spieler und Systeme wechselt, wie andere ihre Unterwäsche, zischelte es durch die Republik. Und auch das Kandidatenkarussell für einen möglichen Nachfolger war mal wieder aus vielen Ecken angeschubst worden.

Diese Diskussion, hat Ribbeck gesagt, „zieht sich wie ein roter Faden durch meine Amtszeit“. Da, behauptet er, „bringt mich so etwas nicht aus der Ruhe“. Dennoch präsentierte er sich in den Tagen in Zagreb ungewöhnlich dünnhäutig, reagierte gereizt auf jede noch so kleine Anspielung. Ribbeck muss die Sintflut vorgekommen sein wie eine göttliche Fügung. Weil sich seine Spieler beherzt in den Schlamm stürzten, während die technisch versierten Kroaten kein Geheimnis daraus machten, dass sich der Spaßfaktor bei diesen Bedingungen für sie arg in Grenzen hielt.

Der Dreck schweißt zusammen, was bisher nicht so recht passen wollte. Und so geht die deutsche Mannschaft zumindest moralisch gestärkt aus der Sache hervor. „Der Gegner war sicher kein Holland“, sagte der Mittelfeldspieler Dietmar Hamann geographisch versiert, „aber wir haben wieder einen Teamgedanken reingebracht.“ Lothar Matthäus hat festgestellt, „dass jeder jeden unterstützt hat“, was ihm bei der 1:2-Niederlage gegen die Niederländer noch gefehlt habe. Und der Teamchef glaubt, „dass die Spieler jetzt wieder mehr Selbstvertrauen haben und sehen, dass wir bei der Europameisterschaft eine Chance haben“.

Diese Zuversicht ist sicher ein wenig übertrieben, weil sich die Kroaten nicht einmal für diese kontinentale Meisterschaft qualifizieren konnten. Außerdem gibt es auch nach der Schlammschlacht in Zagreb noch genug Unklarheiten. Die Frage des Systems im Angriff ist weiter offen. So wurde Mittelfeldspieler Dariusz Wosz plötzlich zum neuen Hoffnungsträger, nur weil er recht häufig anspielbar war. Doch die Doppelspitze mit Ulf Kirsten und Oliver Bierhoff, die Ribbeck diesmal einem Drei-Mann-Sturm vorzog, harmonierte ungefähr so gut wie Vanillepudding mit Meerrettichsoße. Ribbeck nahm die beiden in Schutz, „weil es die Stürmer bei solchen Bedingungen am schwersten haben“. Das hat Ribbeck mit seinen Stürmern gemeinsam, doch seine Erschwernis ist vollkommen unabhängig von zufälligen meteorologischen Unbilden. NINA KLÖCKNER