Vorsicht, Fettnapf!

Gutes Benehmen im Ausland ist besonders für Geschäftsleute ein Muss. Interkulturelle Benimmkurse können helfen  ■ Von Sebastian Leber

Wenn Handelsvertreter Klaas Neumann an seine frühen Thai-landreisen zurückdenkt, fällt ihm eine Anekdote nach der anderen ein. Wie er sich in den Häuserschluchten Bangkoks verirrte, wie ihn ein Taxifahrer um 500 Baht betrog – und wie sein allererster Geschäftsabschluss zu platzten drohte. Dass er beim Mittagsessen mit thailändischen Geschäftsfreunden die gebackenen Küken verschmähte, wurde ihm noch halbwegs verziehen. Dass er bei der anschließenden Tempelbesichtigung beinahe vergessen hätte, seine Schuhe auszuziehen, schon weniger.

Heute unterlaufen ihm solche „Todsünden“ nicht mehr. Er ist Angestellter bei einem von 4000 Hamburger Unternehmen, die derzeit im Außenhandel aktiv sind. Und anders als noch vor dreißig Jahren geht inzwischen keine Firma mehr das Risiko ein, ihre Mitarbeiter unvorbereitet in ein fremdes Land zu schicken. Von Hapag-Lloyd über Otto bis zu Gruner+Jahr: Wenn es um die guten Manieren ihrer Angestellten geht, greifen Hamburgs Konzerne tief in die Kasse. Auch die Global Player der Eppendorfer Beiersdorf AG beugen den Verhaltenspatzern ihrer Mitarbeiter vor: „Wir bereiten uns intensiv in Kursen auf die jeweiligen Gepflogenheiten des Landes vor“, versichert Pressesprecher Peter Nebel.

Anbieter für solche Crash-Kurse gibt es genug – zum Beispiel das Hamburger Institut für Wirtschaft und Sprachen (IWS). Dort finden regelmäßig sogenannte „interkulturelle Seminare“ statt, in denen Geschäftsleute wichtige Benimmregeln und Höflichkeitsfloskeln vermittelt bekommen. Von zentraler Bedeutung sind dabei vor allem Körpersprache, Kleiderordnung und Tischmanieren: „Gerade beim Essen können Fehler passieren, die dem normalen Westeuropäer niemals von alleine auffallen würden“, sagt IWS-Referentin Dr. Silke Ralf. Wer etwa in Koraea seine Reisschale vom Tisch hebe, benehme sich grob unhöflich. Und wer im Beisein seiner japanischen Geschäftsfreunde die Stäbchen im Essen liegen lasse, beleidige damit einen traditionellen Beerdigungsritus.

„To dos and tabus“ nennen TrainerInnen wie Ralf ihre Verhaltensregeln – aber was so unterhaltsam klingt, ist bitterer Ernst. „Fehlende interkulturelle Kenntnisse machen jedes Geschäft kapputt“, weiß Heinz-Werner Dickmann, Leiter der Abteilung Außenhandelsförderung der Handelskammer Hamburg. Gerade in asiatischen und arabischen Ländern könne unpassendes Benehmen üble Folgen haben: „Geben Sie der Ehefrau eines arabischen Geschäftspartners die Hand, und Sie haben bereits verloren.“ Genauso wenig ist es angebracht, sich in Japan seine Getränke selbst einzuschenken. Und wehe dem, der die Visitenkarte eines chinesischen Geschäftspartners mit nur einer Hand entgegennimmt.

So groß die Wahrscheinlichkeit des Ettikettebruchs in fremden Ländern auch sein mag: Es kann eine Menge dagegen getan werden. In den Kursen der IWS bekommen die TeilnehmerInnen von der richtigen Anrede bis zum höflichen Small-Talk alles gezeigt, um möglichst vielen Fettnäpfchen aus dem Weg zu gehen. Ohne solches Basiswissen komme man auf Zukunftsmärkten wie China laut Dickmann nicht allzu weit. Grundsätzlich helfe hier übrigens immer ein „Danke“ oder „Entschuldigung“, und im Notfall auch ein kleines Geschenk. Aber bloß nicht in weißem Papier verpackt – die Farbe gilt unter Chinesen als Ausdruck von Trauer.